Newsletter 2019/18

Ausgabe:2019/18
Sehr geehrte Damen und Herren, unser heutiger newsletter immobilienrecht informiert Sie über folgende Themen:

Gewerbliches Mietrecht: Bald bundesweite Mietpreisbremse für Gewerberäume?

Der Berliner Senat stößt mit seiner Forderung nach der Einführung einer bundesweiten Mietpreisbremse für Gewerberäume auf Kritik. Anfang August hatte der Senat eine Bundesratsinitiative zur „Einführung einer Gewerbepreismietbremse in angespannten Gewerberaummärkten“ beschlossen. Damit solle dem Anstieg der Gewerbemieten in Ballungsräumen angemessen entgegengewirkt werden, wobei die Länder örtliche Faktoren bei der Bestimmung der angespannten Märkte berücksichtigen können sollen.

Kommentar

Derzeit überschlagen sich die Vorschläge zu gesetzlichen Eingriffen in den Immobilienmarkt. Besonders bemerkenswert ist der Vorstoß der Berliner Regierung dennoch. Während schon die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer solchen Mietpreisbremse bei gewerblichen Objekten noch zu klären sein wird, bestehen schon erhebliche Zweifel an ihrer Zweckmäßigkeit. Wie eine solche gewerbliche Mietpreisbremse im Detail geregelt werden soll und ob sich hierfür zunächst eine Mehrheit im Bundesrat finden lässt, bleibt abzuwarten. Nicht nur aus der Sicht des Zentralen Immobilienausschusses (ZIA) wären die Erschließung neuer Gewerbeflächen durch Bebauungspläne und ein Bürokratieabbau zielführender, um die Ansiedlung kleiner und mittelständischer Unternehmen zu erleichtern.
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Gewerbliches Mietrecht: Mitbenutzung heißt nicht Mitbesitz!

Die vertragliche Einräumung eines (Mit-)Benutzungsrechts an einer Verkehrsfläche auf dem Mietgrundstück verschafft dem Mieter keinen (Mit-)Besitz hieran. Der Mieter hatte einen gewerblichen Mietvertrag über eine Halle geschlossen, der ihm u.a. die Mitbenutzung einer weiteren sich auf dem Grundstück befindlichen Verkehrsfläche erlaubte. Auf dieser Fläche plante der Vermieter den Bau eines neuen Gebäudes. In einem Verfahren um vorläufigen Rechtsschutz begehrte der Mieter die Untersagung dieser Baumaßnahme. Er begründete dies damit, dass ihm aufgrund des Mitbenutzungsrechts Mitbesitz eingeräumt sei, der durch die Baumaßnahme verletzt werde. Das Gericht lehnte dies ab und stellte klar, dass aus dem vertraglich geregelten (Mit-)Benutzungsrecht kein (Mit-)Besitz an den Gemeinschaftsflächen folgt und der Mieter daher nicht die Beibehaltung der Verkehrsflächen in der jetzigen Form fordern könne.

Kommentar

Der Umfang des Besitzrechts des Mieters wird durch den Mietvertrag und die Definition der Mietsache bestimmt. Gemeinschaftsflächen, die der Mieter mitbenutzen darf – Zugangswege, Treppenhäuser, Aufzüge etc. – sind nicht mitvermietet. Insoweit bestehen auch keine Besitzschutzansprüche des Mieters. Im Einzelfall kann zwar eine Besitzstörung darin liegen, dass der Zugang des Besitzers zu den Räumen in seinem Besitz erschwert oder vereitelt wird. Dies war hier aber nicht gegeben.

Autor: Frank U. Schuster – schuster@bethge-legal.com

Fundstelle: OLG Dresden, Beschluss vom 17.06.2019, 5 U 880/19, IBRRS 2019, 2144

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Öffentliches Baurecht: Keine Verpflichtung zur Stellung eines Bauantrags

Die Bauaufsichtsbehörde ist nicht befugt, einen Bauherrn durch Bescheid zur Stellung eines Bauantrags zu verpflichten. Für einen derartigen Verwaltungsakt fehlt es nach der Thüringer Landesbauordnung an einer Rechtsgrundlage. Diese erlaubt der Behörde zwar, die Einstellung von genehmigungsbedürftigen Bauarbeiten anzuordnen. Auch darf sie den Bauherrn dazu auffordern, für die weitere Prüfung erforderliche Unterlagen einzureichen. Die Entscheidung über die Stellung eines Bauantrags ist hingegen allein Sache des Betroffenen. Im konkreten Fall hatte die Behörde festgestellt, dass der Eigentümer das Dachgeschoss seines Hauses ohne Genehmigung ausgebaut hatte und dieses nun als Wohnung nutzte. Sie verpflichtete ihn durch Bescheid zur Stellung eines Bauantrags und drohte ein Zwangsgeld an. Dabei habe sie rechtswidrig gehandelt, entschied das Oberverwaltungsgericht Thüringen.

Praxistipp

Für diese Entscheidung kam es auf die fehlende Rechtsgrundlage in der Thüringer Landesbauordnung an. Zu beachten ist, dass die Gemeinde unabhängig hiervon nach dem Baugesetzbuch (BauGB) ein so genanntes Baugebot erlassen darf. Durch dieses kann der Grundstückseigentümer dazu verpflichtet werden, sein Grundstück entsprechend den Vorgaben eines Bebauungsplans zu bebauen oder anzupassen – und zur Stellung des dafür erforderlichen Bauantrags innerhalb einer angemessenen Frist.

Autor: Sergia Antipa, M.M. – antipa@bethge-legal.com

Fundstelle: OVG Thüringen, Beschluss vom 15.01.2019, 1 EO 522/18, BauR 2019, 951

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Makler- und Bauträgerrecht: Kein Wegfall der Provision bei ungesicherter Finanzierung!

Vereinbart der Makler einen Notartermin zum Abschluss eines Kaufvertrages und zur Auflassung, berührt es den Anspruch auf Maklerprovision nicht, wenn die Finanzierung noch nicht sichergestellt ist. Geklagt hatte ein Makler, der vom Käufer die Zahlung der Maklerprovision verlangt. Der Käufer verweigerte die Zahlung, weil zum Zeitpunkt der Beurkundung des Kaufvertrages die Finanzierung der Immobilie noch nicht sichergestellt gewesen sei. Dies hatte einen erhöhten Gebührenanfall beim Notar zur Folge, da zusätzliche Protokollierungstermine erforderlich wurden. Mit diesem entstandenen Schaden erklärte der Käufer die Aufrechnung. Das Gericht stellte klar, dass die Aufklärungspflichten des Maklers sich nicht auf diesen Umstand erstrecken.

Kommentar

Zwar hat ein Makler seinem Auftraggeber grundsätzlich alle ihm bekannten tatsächlichen und rechtlichen Umstände mitzuteilen, die sich auf das Geschäft beziehen und die für den Entschluss des Auftraggebers relevant sein können. Die Tragweite dieser Pflicht richtet sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls. Eine allgemeine Vermögensbetreuungspflicht bestehe jedoch nicht!

Autor: Veronika Thormann – thormann@bethge-legal.com

Fundstelle: AG Wertheim, Urteil vom 25.04.2019, 1 C 198/18, IBRRS 2019, 1853

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Newsletter 2019/17

Ausgabe:2019/17
Sehr geehrte Damen und Herren, unser heutiger newsletter immobilienrecht informiert Sie über folgende Themen:

Gewerbliches Mietrecht: Schadensersatzpflicht bei Untervermietung zwecks Räumungsabwendung

Ein Mieter ist dem Vermieter zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er ein Räumungsurteil gegen ihn vorhersehen kann und trotzdem untervermietet, um die Vollstreckung zu verhindern oder zu erschweren. Im Fall hatte der Vermieter von Gewerberäumen der Mieterin, einer GmbH, fristlos gekündigt und erfolgreich auf Räumung und Herausgabe der Räume geklagt. Während des Berufungsverfahrens vermietete die GmbH die Einheiten an eine Aktiengesellschaft (AG) unter, deren Aufsichtsrat der Geschäftsführer der GmbH war. Die Vollstreckung des Räumungsurteils blieb erfolglos, da gegen die AG ein Titel nicht vorlag. Der Vermieter verklagte daraufhin die GmbH auf Schadensersatz und bekam Recht. Die Untervermietung stelle eine sittenwidrige Schadenszufügung zu Lasten des Vermieters dar.

Kommentar

Ein Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB setzt voraus, dass das Verhalten des Mieters sittenwidrig ist, also gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür reicht die Nichterfüllung einer allgemeinen Rechtspflicht aber nicht aus, sondern es muss eine über die bloße Vertragswidrigkeit hinausgehende besondere Verwerflichkeit bestehen. Diese nahm das Gericht hier an, da die GmbH bereits zur Räumung verpflichtet worden war und die Untervermietung nur erfolgte, um die Vollstreckung aus dem Räumungsurteil zu verhindern.

Autor: Simone Engel – engel@bethge-legal.com

Fundstelle: OLG München, Urteil vom 02.05.2019, 32 U 1436/18, IBRRS 2019, 2169

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Öffentliches Baurecht: Ist das Vertrauen in bisherige Festsetzungen abwägungsrelevant?

Das Interesse eines Grundstückseigentümers an der Beibehaltung eines Bebauungsplans (B-Plan), der Festsetzungen für Nachbargrundstücke trifft, ist von der Gemeinde im Rahmen der Abwägung zu beachten. Will die Gemeinde den bestehenden B-Plan ändern und dadurch erlauben, dass Nachbargrundstücke anders als bisher genutzt werden, hat sie dieses Interesse regelmäßig zu berücksichtigen. Dies gilt unabhängig davon, ob die bisherigen Festsetzungen den Betroffenen rechtlich begünstigt haben oder nicht. Hier hatte die Gemeinde durch Änderung des B-Plans eine bisherige Ausgleichsfläche als neue Baufläche ausgewiesen, ohne dabei Einwendungen mehrerer Eigentümer, deren Grundstücke unmittelbar an die bisherige Ausgleichsfläche angrenzten, zu berücksichtigen. Diese bevorzugten die Beibehaltung der alten Ausgleichsfläche und beantragten Rechtsschutz – mit Erfolg.

Kommentar

Das Bundesverwaltungsgericht hatte im Beschwerdeverfahren nur noch über eine mögliche Verletzung des Abwägungsgebots bei der Planaufstellung zu entscheiden. Es führte dabei seine bisherige Linie zu den abwägungsrelevanten Belangen fort. Für das Planungsverfahren bedeutet dies, dass regelmäßig auch auf die Einwände benachbarter Eigentümer einzugehen ist, die nur faktisch von den neuen Festsetzungen betroffen sind. Unterbleibt dies, kann dies zur Unwirksamkeit der Änderung führen.

Autor: Daniel Pahl – pahl@bethge-legal.com

Fundstelle: BVerwG, Beschluss vom 28.05.2019, 4 BN 44.18, BeckRS 2019, 14888

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Bau- und Architektenrecht: Keine Anwendung der Mindest- und Höchstsätze der HOAI

Vor wenigen Wochen hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) die verbindlichen Mindest- und Höchstvergütungssätze aus der deutschen Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) für europarechtswidrig erklärt. Das wirkt sich direkt in laufenden Klageverfahren aus. Im vorliegenden Fall begehrte die Klägerin Honorarnachforderungen aus fünf Ingenieurverträgen, obwohl die Schlussrechnung bereits gestellt und bezahlt war. Als Begründung führte sie an, die geschlossenen Verträge würden die Mindestvergütungssätze der HOAI unterschreiten. Ohne Erfolg! Denn zum einen ist die Klägerin durch ihre ursprüngliche Schlussrechnung nach Treu und Glauben gebunden. Zum anderen ist durch die EuGH-Entscheidung die Verbindlichkeit des HOAI-Preisrechts überdies hinfällig geworden. Die Parteien durften daher ein Pauschalhonorar grundsätzlich auch unterhalb der Mindestsätze der HOAI vereinbaren.

Kommentar

Wegen des Anwendungsvorbehaltes des Europarechts sind die Gerichte verpflichtet, die für europarechtswidrig erklärten Regelungen der HOAI nicht mehr anzuwenden. Infolge dessen ist es von Rechts wegen nicht mehr zulässig, getroffene Honorarvereinbarungen an den Mindest- und Höchstsätzen der HOAI zu messen. Vereinbarungen, die das Preisrecht der HOAI ignorieren, sind daher nicht mehr unzulässig.

Autor: Philipp Wegner – wegner@bethge-legal.com

Fundstelle: OLG Celle, Urteil vom 17.07.2019, 14 U 188/18 (nicht rechtskräftig), BeckRS 2019, 15002

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Allgemeines Recht: Wen darf der Eigentümer filmen?

Bei der Installation einer Videoüberwachungsanlage auf einem Privatgrundgrundstück muss sichergestellt sein, dass weder der angrenzende öffentliche Bereich noch benachbarte Privatgrundstücke von den Kameras erfasst werden. Wird ein benachbartes Grundstück auch nur teilweise permanent gefilmt, liegt darin ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen. Im entschiedenen Fall hatte ein Grundstückseigentümer auf Entfernung dreier Videokameras auf dem Nachbargrundstück, hilfsweise auf korrekte Einstellung der Kameras geklagt. Die Kameras waren teilweise auf den öffentlichen Gehweg vor dem Grundstück und teilweise auf das Grundstück des Klägers ausgerichtet, sodass dort befindliche Personen erkennbar waren. Das Interesse des Nachbarn an der Sicherung seines Grundstücks rechtfertige diesen Eingriff nicht, entschied das Landgericht, und verurteilte den Beklagten zur korrekten Einstellung der Kameras.

Kommentar

Bei der Verurteilung des Nachbarn zu einer konkreten Maßnahme hat das Gericht grundsätzlich die mildeste Maßnahme zu wählen, sofern mehrere gleich geeignete Maßnahmen denkbar sind. Ebenso geeignet wie eine vollständige Entfernung – aber für den Nachbarn milder – ist etwa die Neuausrichtung der Videokameras auf das eigene Grundstück. Will der Betroffene dagegen die komplette Entfernung erreichen, muss er sorgfältig begründen, warum

Autor: Dorothee Klumpe – klumpe@bethge-legal.com

Fundstelle: LG Hamburg, Urteil vom 28.12.2018, 306 O 95/18, BeckRS 2018, 44403

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Newsletter 2019/16

Ausgabe:2019/16
Sehr geehrte Damen und Herren, unser heutiger newsletter immobilienrecht informiert Sie über folgende Themen:

Gewerbliches Mietrecht: Keine Schlüsselübergabe notwendig!

Die Rückgabepflicht des Mieters durch Aufgabe des Besitzes an der Mietsache erlischt auch dann, wenn die Schlüssel nicht an den Vermieter übergeben werden. Der Mieter muss sich nur auch der Schlüssel entledigen, was er darlegen und beweisen muss. Vorliegend begehrte der Mieter vom Vermieter nach unstreitiger Beendigung des Mietverhältnisses die Rückzahlung der Kaution. Der Vermieter meinte, dass die Kautionsrückzahlung mangels Rückgabe der Räume nicht fällig sei. Das Gericht gab dem Mieter Recht. Dieser hatte mehrfach vergeblich versucht, einen Übergabetermin zu vereinbaren. Der Mieter übergab die Schlüssel nach Ablauf der von ihm gesetzten Frist zur Übergabe sodann an die Bewachungsfirma des Vermieters und teilte dem Vermieter die Besitzaufgabe mit. Der Mieter wurde damit von der Rückgabepflicht frei, so dass die Bedingung für die Rückzahlung der Kaution eintrat.

Kommentar

Grundsätzlich ist Voraussetzung für die Rückgabe der Mietsache, dass bei Anwesenheit beider Seiten vor Ort die Verschaffung des unmittelbaren Besitzes unter Übergabe sämtlicher Schlüssel erfolgt. Möglich ist auch die Übergabe durch den Auszug unter Übersendung der Schlüssel. Weigert sich der Vermieter, das Mietobjekt und die Schlüssel zurückzunehmen, so muss der Mieter die Aufgabe des Besitzes androhen und sich der Schlüssel entledigen. Nach Ansicht des Gerichts kam es hier nicht darauf an, ob die Bewachungsfirma empfangszuständig war. Der Mieter hätte bei der Aufgabe des Besitzes die Schlüssel theoretisch auch im Objekt zurücklassen können. Wichtig war nur, dass er sich der Schlüssel entledigte.

Autor: Simone Engel – engel@bethge-legal.com

Fundstelle: OLG Naumburg, Urteil vom 10.12.2018, 1 U 25/18, IBRRS 2019, 1867

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Bau- und Architektenrecht: Kein Kostenerstattungsanspruch, wenn Vertrag noch besteht!

Werden vor Abnahme bei einem ungekündigten VOB/B-Vertrag Mängel durch Dritte beseitigt, ohne dass der Auftragnehmer die Leistung zuvor ernsthaft und endgültig verweigert oder den Vertrag beenden will, kann der Auftraggeber keine Kostenerstattung vom Auftragnehmer verlangen. Dies gilt auch dann, wenn der Auftragnehmer nach Aufforderung zur Mängelbeseitigung nicht tätig wird oder die Mängelverantwortlichkeit bestreitet. Denn dies reicht nicht aus, um den Vertrag zu beenden. Sowohl an die ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung sowie den Willen der Vertragsbeendigung sind strenge Maßstäbe zu stellen.

Kommentar

Hier war der Auftraggeber zu ungeduldig. Anstatt die Voraussetzungen der VOB/B einzuhalten und dem Auftragnehmer nach vorheriger Kündigungsandrohung tatsächlich VOB/B-konform zu kündigen, lies er die Mängel sofort durch einen Dritten beseitigen. Ohne Kündigung bestand der Vertrag mit dem Auftragnehmer aber noch. Dieses Urteil zeigt, dass eine Kündigung vor Abnahme nach der VOB/B jeweils sorgfältig vorbereitet werden sollte. Ist der Auftraggeber dazu nicht bereit, besteht das hohe Risiko, auf den Kosten sitzen zu bleiben. Denn die Rechtsprechung lässt in diesen Konstellationen vor Abnahme nur in sehr engen Ausnahmefällen eine Kostenerstattung zu.

Autor: Philipp Wegner – wegner@bethge-legal.com

Fundstelle: OLG Stuttgart, Urteil vom 28.05.2019, 10 U 15/19

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Wohnungseigentumsrecht: Entziehung von Wohnungseigentum durch Geltendmachung von Rechten?

Wohnungseigentum kann ausschließlich als ultima ratio entzogen werden, wenn es anderen Mitgliedern der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) nicht möglich ist, eine Störung anderweitig zu beseitigen. Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Entziehung nicht möglich ist, wenn ein Eigentümer seine Rechte auf Antragstellung in der WEG-Versammlung wahrgenommen und Beschlüsse gerichtlich überprüfen lassen hat. Wendet er diese Rechte jedoch rechtsmissbräuchlich an, um ein wohnungseigentümerfremdes oder –feindliches Ziel zu erreichen, ist dies Vorgehen den anderen Wohnungseigentümern nicht zuzumuten und das Eigentum kann entzogen werden.

Kommentar

Um ein solches wohnungseigentümerfremdes Ziel handelt es sich z.B. bei der Herbeiführung eines verwalterlosen Zustands. Wenn der Eigentümer seine Antrags-, Beschlussanfechtungs- und anderen Eigentümerrechte missbraucht, kann mithin eine Entziehung des Wohnungseigentums gerechtfertigt sein. Hier sind aber strenge Anforderungen zu stellen, nicht ausreichend sind bloß „querulatorische“ Anfechtungsklagen o.ä. Entscheidend ist die Sicherstellung einer ordnungsmäßigen Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und die Absicherung eines geordneten Zusammenlebens der Wohnungseigentümer.

Autor: Bettina Baumgarten – baumgarten@bethge-legal.com

Fundstelle: BGH, Urteil vom 05.04.2019, V ZR 339/17, IBRRS 2019, 1896

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Wohnraummietrecht: Bedeutet Untervermietung gleichzeitig Mietzuschlag?

Nein! Selbst wenn eine Wohnung im Rahmen der erlaubten Untervermietung stärker belegt wird, ist dies nicht immer ausreichend, um einen Mietzuschlag vom Vermieter zu rechtfertigen. Im vorliegenden Fall machte der Vermieter die Erlaubnis einer Untervermietung von der Zahlung einer monatlichen Mieterhöhung abhängig. Das Landgericht Berlin urteilte, dass allein die Mehrbelegung nicht zu einer übermäßigen und unzumutbaren Belastung des Vermieters führe, welche Voraussetzung für eine Mieterhöhung wäre. Die Untermieterlaubnis kann daher nicht pauschal von einer Mieterhöhung abhängig gemacht werden, eine dahingehende Klausel im Mietvertrag ist unzulässig.

Kommentar

Bei der Geltendmachung einer Mieterhöhung ist die Unzumutbarkeit der Belastung durch den Vermieter ausführlich darzulegen. Nicht ausreichend ist es, sich auf bloße äußere Umstände wie die Anzahl der Wohnungsnutzer oder auf die ortsübliche Vergleichsmiete zu berufen. Auch davon abweichende vertragliche Vereinbarungen sind unwirksam. Es empfiehlt sich daher, erst bei messbaren wirtschaftlichen Nachteilen einen Zuschlag zu verlangen.

Autor: Dorothee Klumpe – klumpe@bethge-legal.com

Fundstelle: LG Berlin, Urteil vom 11.01.2019, 64 S 104/18, GE 2019, 601

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Newsletter 2019/15

Ausgabe:2019/15
Sehr geehrte Damen und Herren, unser heutiger newsletter immobilienrecht informiert Sie über folgende Themen:

Im Verfahren der Europäischen Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seinem heutigen Urteil entschieden:

Die Mindest- und Höchstsätze der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) verstoßen gegen EU-Recht. Die Regelungen der HOAI sind mit der Dienstleistungsrichtlinie und der EU-Niederlassungsfreiheit nicht vereinbar.

Welche Auswirkungen hat das Urteil für Ihre Projekte?

Die HOAI legt für die einzelnen Architekten- und Ingenieurleistungen Mindest- und Höchstsätze fest und ist damit verbindliches Preisrecht für Planungsleistungen. Nur in besonderen Ausnahmefällen dürfen diese Mindest- und Höchstsätze unter- bzw. überschritten werden. Damit ist es nun vorbei.

Die Europäische Kommission sieht in den Regelungen der HOAI ein unzulässiges Hindernis für die Niederlassungsfreiheit der Planer aus anderen EU-Mitgliedsstaaten. Denn mit Niederlassung in Deutschland verlieren sie ihr Recht, Leistungen am Markt frei feilzubieten. Die Bundesrepublik hielt an ihrem Argument fest, dass durch die Regelungen der HOAI eine hohe Qualität von Architektur- und Ingenieurleistungen sichergestellt werden.

Seit heute steht fest: Deutschland muss die HOAI europarechtskonform überarbeiten oder abschaffen.

Bei Unterschreitung der Mindestsätze der HOAI können sich Architekt und Fachplaner nun nicht mehr mit Erfolg auf die Unwirksamkeit der Honorarvereinbarung und eine erforderliche Erhöhung ihres Honorars nach den Mindestsätzen der HOAI berufen. Keiner kann nach dem heutigen Urteil des EuGH eine Unter- oder Überschreitung des Honorarrahmens anhand der HOAI einfordern.

Bedeutung erlangt das Urteil für laufende Projekte, insbesondere Vertragsverhandlungen, wie auch für gerichtliche Verfahren, in denen eine Unter- bzw. Überschreitung des Honorars geltend gemacht wird. Die Gerichte werden die Entscheidung des EuGH voraussichtlich ab sofort beachten müssen.

Gerne prüfen wir für Sie, ob das heutige Urteil des EuGH Auswirkungen auf ihr Projekt, Vertragsverhandlungen oder ein bereits anhängiges Gerichtsverfahren hat. Sprechen Sie uns an!

Autor: André Bethge, LL.M. – a.bethge@bethge-legal.com

Fundstelle: EuGH, Urteil vom 04.07.2019, C-377/17, BeckRS 2019, 13028

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