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Newsletter 2019/16

Ausgabe:2019/16
Sehr geehrte Damen und Herren, unser heutiger newsletter immobilienrecht informiert Sie über folgende Themen:

Gewerbliches Mietrecht: Keine Schlüsselübergabe notwendig!

Die Rückgabepflicht des Mieters durch Aufgabe des Besitzes an der Mietsache erlischt auch dann, wenn die Schlüssel nicht an den Vermieter übergeben werden. Der Mieter muss sich nur auch der Schlüssel entledigen, was er darlegen und beweisen muss. Vorliegend begehrte der Mieter vom Vermieter nach unstreitiger Beendigung des Mietverhältnisses die Rückzahlung der Kaution. Der Vermieter meinte, dass die Kautionsrückzahlung mangels Rückgabe der Räume nicht fällig sei. Das Gericht gab dem Mieter Recht. Dieser hatte mehrfach vergeblich versucht, einen Übergabetermin zu vereinbaren. Der Mieter übergab die Schlüssel nach Ablauf der von ihm gesetzten Frist zur Übergabe sodann an die Bewachungsfirma des Vermieters und teilte dem Vermieter die Besitzaufgabe mit. Der Mieter wurde damit von der Rückgabepflicht frei, so dass die Bedingung für die Rückzahlung der Kaution eintrat.

Kommentar

Grundsätzlich ist Voraussetzung für die Rückgabe der Mietsache, dass bei Anwesenheit beider Seiten vor Ort die Verschaffung des unmittelbaren Besitzes unter Übergabe sämtlicher Schlüssel erfolgt. Möglich ist auch die Übergabe durch den Auszug unter Übersendung der Schlüssel. Weigert sich der Vermieter, das Mietobjekt und die Schlüssel zurückzunehmen, so muss der Mieter die Aufgabe des Besitzes androhen und sich der Schlüssel entledigen. Nach Ansicht des Gerichts kam es hier nicht darauf an, ob die Bewachungsfirma empfangszuständig war. Der Mieter hätte bei der Aufgabe des Besitzes die Schlüssel theoretisch auch im Objekt zurücklassen können. Wichtig war nur, dass er sich der Schlüssel entledigte.

Autor: Simone Engel – engel@bethge-legal.com

Fundstelle: OLG Naumburg, Urteil vom 10.12.2018, 1 U 25/18, IBRRS 2019, 1867

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Bau- und Architektenrecht: Kein Kostenerstattungsanspruch, wenn Vertrag noch besteht!

Werden vor Abnahme bei einem ungekündigten VOB/B-Vertrag Mängel durch Dritte beseitigt, ohne dass der Auftragnehmer die Leistung zuvor ernsthaft und endgültig verweigert oder den Vertrag beenden will, kann der Auftraggeber keine Kostenerstattung vom Auftragnehmer verlangen. Dies gilt auch dann, wenn der Auftragnehmer nach Aufforderung zur Mängelbeseitigung nicht tätig wird oder die Mängelverantwortlichkeit bestreitet. Denn dies reicht nicht aus, um den Vertrag zu beenden. Sowohl an die ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung sowie den Willen der Vertragsbeendigung sind strenge Maßstäbe zu stellen.

Kommentar

Hier war der Auftraggeber zu ungeduldig. Anstatt die Voraussetzungen der VOB/B einzuhalten und dem Auftragnehmer nach vorheriger Kündigungsandrohung tatsächlich VOB/B-konform zu kündigen, lies er die Mängel sofort durch einen Dritten beseitigen. Ohne Kündigung bestand der Vertrag mit dem Auftragnehmer aber noch. Dieses Urteil zeigt, dass eine Kündigung vor Abnahme nach der VOB/B jeweils sorgfältig vorbereitet werden sollte. Ist der Auftraggeber dazu nicht bereit, besteht das hohe Risiko, auf den Kosten sitzen zu bleiben. Denn die Rechtsprechung lässt in diesen Konstellationen vor Abnahme nur in sehr engen Ausnahmefällen eine Kostenerstattung zu.

Autor: Philipp Wegner – wegner@bethge-legal.com

Fundstelle: OLG Stuttgart, Urteil vom 28.05.2019, 10 U 15/19

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Wohnungseigentumsrecht: Entziehung von Wohnungseigentum durch Geltendmachung von Rechten?

Wohnungseigentum kann ausschließlich als ultima ratio entzogen werden, wenn es anderen Mitgliedern der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) nicht möglich ist, eine Störung anderweitig zu beseitigen. Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Entziehung nicht möglich ist, wenn ein Eigentümer seine Rechte auf Antragstellung in der WEG-Versammlung wahrgenommen und Beschlüsse gerichtlich überprüfen lassen hat. Wendet er diese Rechte jedoch rechtsmissbräuchlich an, um ein wohnungseigentümerfremdes oder –feindliches Ziel zu erreichen, ist dies Vorgehen den anderen Wohnungseigentümern nicht zuzumuten und das Eigentum kann entzogen werden.

Kommentar

Um ein solches wohnungseigentümerfremdes Ziel handelt es sich z.B. bei der Herbeiführung eines verwalterlosen Zustands. Wenn der Eigentümer seine Antrags-, Beschlussanfechtungs- und anderen Eigentümerrechte missbraucht, kann mithin eine Entziehung des Wohnungseigentums gerechtfertigt sein. Hier sind aber strenge Anforderungen zu stellen, nicht ausreichend sind bloß „querulatorische“ Anfechtungsklagen o.ä. Entscheidend ist die Sicherstellung einer ordnungsmäßigen Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und die Absicherung eines geordneten Zusammenlebens der Wohnungseigentümer.

Autor: Bettina Baumgarten – baumgarten@bethge-legal.com

Fundstelle: BGH, Urteil vom 05.04.2019, V ZR 339/17, IBRRS 2019, 1896

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Wohnraummietrecht: Bedeutet Untervermietung gleichzeitig Mietzuschlag?

Nein! Selbst wenn eine Wohnung im Rahmen der erlaubten Untervermietung stärker belegt wird, ist dies nicht immer ausreichend, um einen Mietzuschlag vom Vermieter zu rechtfertigen. Im vorliegenden Fall machte der Vermieter die Erlaubnis einer Untervermietung von der Zahlung einer monatlichen Mieterhöhung abhängig. Das Landgericht Berlin urteilte, dass allein die Mehrbelegung nicht zu einer übermäßigen und unzumutbaren Belastung des Vermieters führe, welche Voraussetzung für eine Mieterhöhung wäre. Die Untermieterlaubnis kann daher nicht pauschal von einer Mieterhöhung abhängig gemacht werden, eine dahingehende Klausel im Mietvertrag ist unzulässig.

Kommentar

Bei der Geltendmachung einer Mieterhöhung ist die Unzumutbarkeit der Belastung durch den Vermieter ausführlich darzulegen. Nicht ausreichend ist es, sich auf bloße äußere Umstände wie die Anzahl der Wohnungsnutzer oder auf die ortsübliche Vergleichsmiete zu berufen. Auch davon abweichende vertragliche Vereinbarungen sind unwirksam. Es empfiehlt sich daher, erst bei messbaren wirtschaftlichen Nachteilen einen Zuschlag zu verlangen.

Autor: Dorothee Klumpe – klumpe@bethge-legal.com

Fundstelle: LG Berlin, Urteil vom 11.01.2019, 64 S 104/18, GE 2019, 601

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