Newsletter 2018/04

Ausgabe:2018/04
Sehr geehrte Damen und Herren, unser heutiger newsletter immobilienrecht informiert Sie über folgende Themen:

Grundstücksrecht: Wirkung von Sondernutzungsrechten

Eine Eigentümergemeinschaft kann Gebrauchsregelungen für bestimmte, im Gemeinschaftseigentum stehende Teile der Liegenschaft vereinbaren. Für diese Teile wird einem bestimmten Eigentümer das alleinige Nutzungsrecht zugeordnet und alle anderen Eigentümer werden von der Nutzung ausgeschlossen, z. B. an einem PKW-Stellplatz. Diese so genannten Sondernutzungsrechte sind ohne Eintragung im Grundbuch jedoch nur zwischen den an der Vereinbarung beteiligten Eigentümern wirksam. Sobald das Sondernutzungsrecht im Grundbuch eingetragen ist, ist es verbindlicher Inhalt des Eigentums und nur mit Mitwirkung aller Eigentümer zu verändern. Im Grundbuch eingetragene Sondernutzungsrechte sind problemlos – und im Grundbuch nachvollziehbar – übertragbar.

Kommentar

Sondernutzungsrechte werden in der Praxis häufig bereits in der Teilungserklärung für Stellplätze und Gartenflächen zugeordnet. Oft sind gerade (auch) diese Flächen für die Interessenten einer Wohnung relevant. Soll eine Eigentumseinheit gemeinsam mit einem Sondernutzungsrecht verkauft werden, ist deshalb die Eintragung im Grundbuch sinnvoll. Die Eintragung klärt die Verhältnisse und macht damit das Wohnungseigentum insgesamt verkehrsfähig.

Autor: Nils Flaßhoff – flasshoff@bethge-legal.com

Fundstelle: OLG München, Beschluss vom 22.12.2017, 34 Wx 139/17, IBBRS 2018, 0159

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Grundstücksrecht: Kein Schadensersatz bei geplatztem Immobilienkauf

Der Verkäufer eines Grundstücks, der die Vertragsverhandlungen abbricht, obwohl der potentielle Käufer bereits einen Finanzierungsvertrag abgeschlossen hat, handelt nicht treuwidrig und ist deshalb auch nicht zum Schadensersatz verpflichtet. In dem zugrunde liegenden Fall klagte ein Kaufinteressent auf Schadensersatz für die Kosten eines bereits abgeschlossenen Darlehnsvertrags. Der Grundstückskaufvertrag war nicht zustande gekommen, da der Verkäufer sich vorbehalten hatte, den Kaufpreis noch zu erhöhen. Eine Einigung konnte nicht erzielt werden. Die Klage blieb jedoch erfolglos. Denn jede Partei habe bis zur Beurkundung das Recht, vom Vertrag Abstand zu nehmen oder diesen zu modifizieren. Hierauf müsse nicht hingewiesen werden. Dass Vertragsverhandlungen abgebrochen werden, sei nicht unüblich, so der BGH.

Praxistipp

Bei einem Grundstückskaufvertrag werden an die Verletzung vorvertraglicher Schutzpflichten strenge Anforderungen gestellt. Vorvertragliche Vermögensdispositionen erfolgen daher grundsätzlich auf eigene Gefahr. Käufer von Grundstücken sollten erst nach Abschluss des notariellen Kaufvertrages Vermögensdispositionen tätigen. Sofern dies im Einzelfall nicht möglich ist, empfiehlt sich bei größeren Projekten ein sog. „Letter of Intent“, in dem Regelungen zu vorvertraglichen Schadensersatzpflichten geregelt werden können.

Autor: Felix Semper – semper@bethge-legal.com

Fundstelle: BGH, Urteil vom 13.10.2017, V ZR 11/17, BeckRS 2017, 133495

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Grundstücksrecht: Für nachträgliche Änderungen erneut zum Notar?

Gemäß dem BGH bedürfen Änderungen am Grundstückskaufvertrag ausnahmsweise nicht der notariellen Beurkundung, wenn sie nach der Auflassung (dingliche Einigung der Parteien zur Eigentumsübertragung), aber vor Eigentumsumschreibung erfolgen. Da der Veräußerer durch Erklärung der Auflassung seine Vertragsverpflichtungen erfüllt habe, sei ein weiterer Schutz nicht erforderlich, so der BGH. Das OLG Stuttgart sieht das anders. Im vorliegenden Fall stritten die Parteien darüber, ob eine nach der Auflassung vereinbarte Kaufpreisminderung hätte notariell beurkundet werden müssen. Ja, so das OLG. Gemäß dem Gesetz bedarf der Grundstückskaufvertrag stets der notariellen Beurkundung. Diese Formbedürftigkeit erstrecke sich auf den Vertrag im Ganzen und nicht nur auf die Veräußerungs- und Erwerbsverpflichtung. Damit seien sämtliche Änderungen und Ergänzungen grundsätzlich formbedürftig, auch die nachträgliche Kaufpreisminderung.

Kommentar

Es bleibt abzuwarten, ob die Argumentation des Oberlandesgerichts im Revisionsverfahren vor dem BGH Bestand haben wird. Das OLG beruft sich auf eine Gesetzesänderung, wonach auch der Erwerber durch die Formbedürftigkeit geschützt sei. Für diesen bestehe auch noch nach Auflassung ein Schutzbedürfnis. Bisher sind gemäß herrschender Meinung vom Formerfordernis lediglich Vereinbarungen ausgenommen, die dazu dienen, unvorhergesehen auftretende Schwierigkeiten bei der Vertragsabwicklung zu beheben, ohne die beiderseitigen Verpflichtungen wesentlich zu verändern.

Autor: Bettina Baumgarten – baumgarten@bethge-legal.com

Fundstelle: OLG Stuttgart, Urteil vom 26.09.2017, 10 U 140/16, BeckRS 2017, 139536

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Makler- und Bauträgerrecht: Maklerprovision fällig auch bei Kauf durch Dritten?

Kauft nicht der Maklerkunde, sondern ein Dritter das vermittelte Grundstück, besteht im Falle einer wirtschaftlichen Identität der Verträge dennoch ein Anspruch des Maklers gegen seinen Kunden auf das vereinbarte Honorar. Diese Identität liegt vor, sofern eine enge persönliche oder ausgeprägte wirtschaftliche Verbindung zwischen dem Vertragspartner und dem Dritten besteht. Im vorliegenden Fall klagte ein Makler gegen seinen Kunden auf Zahlung der Provision, da dessen Bruder, der das Grundstück kaufte, zahlungsunfähig war. Mit Erfolg. Denn der Kunde habe sich mit der Nachweisbestätigung verpflichtet, die Maklerprovision für den Fall des Erwerbs oder der Anmietung des Objekts durch ihn oder durch ein mit ihm „verbundenes Haus“ zu zahlen. Darin liege eine eigene Verpflichtung des Beklagten auch für den Fall, dass ein anderer das Objekt erwirbt, unabhängig davon, ob dieser selbst ebenfalls zur Zahlung der Provision verpflichtet ist oder nicht.

Praxistipp

Diese Entscheidung führt die bisherige Rechtsprechung fort. Weiterhin offen bleibt die Frage, ob der Maklerkunde auch dann wegen der wirtschaftlichen Identität der abgeschlossenen Verträge auf Zahlung der Provision in Anspruch genommen werden kann, wenn der Makler gegen den mit dem Kunden verbundenen Dritterwerber ebenfalls einen Maklerlohnanspruch geltend machen kann.

Autor: Frank U. Schuster – schuster@bethge-legal.com

Fundstelle: BGH, Beschluss vom 14.09.2017, I ZR 261/16, BeckRS 2017, 134011

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Newsletter 2018/03

Ausgabe:2018/03
Sehr geehrte Damen und Herren, unser heutiger newsletter immobilienrecht informiert Sie über folgende Themen:

Bau- und Architektenrecht: Kündigung wegen Überschreitung einer Kostenobergrenze wirksam!

Ist zwischen Bauherrn und Architekten eine bestimmte Bausumme als Kostenrahmen vereinbart und hält der Architekt sich bei seinen Planungen nicht an diesen Rahmen, kann der Bauherr den Vertrag fristlos aus wichtigem Grund kündigen. Die verbindliche Kostenobergrenze ist als Beschaffenheitsvereinbarung zu qualifizieren. Diese kann auch dadurch vereinbart werden, dass der Bauherr bereits vor Vertragsschluss erklärt, ein bestimmter Geldbetrag stelle für ihn eine absolute Obergrenze dar.

Praxistipp

Der Architekt muss auf eine Überschreitung hinweisen, um sicherzustellen, dass der Bauherr sich darüber bewusst ist, dass bei späteren Änderungswünschen die Obergrenze möglicherweise überschritten wird. Gleichzeitig ist er verpflichtet, die durch die Änderungswünsche entstandenen Kosten planerisch durch weniger teure Ausführungen zu kompensieren. Dafür kann er jedoch kein gesondertes Honorar nach der Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI) verlangen, da diese für Alternativleistungen des Architekten keine gesonderte Vergütung vorsieht.

Autor: Dorothee Klumpe – klumpe@bethge-legal.com

Fundstelle: OLG Stuttgart, Urteil vom 28.11.2017, 10 U 68/17, IBRRS 2018, 0240

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Bau- und Architektenrecht: Keine wirksame Veränderungssperre bei unerreichbaren Planzielen!

Wird mit dem Aufstellungsbeschluss eines Bebauungsplans ein gesetzlich nicht normiertes Planungsziel verfolgt und darauf beruhend eine baurechtliche Veränderungssperre erlassen, so ist diese unwirksam. Im konkreten Fall griff ein Bauherr mit einer Normenkontrolle eine für sein Grundstück erlassene Veränderungssperre an. Mit Erfolg! Denn die Bauleitplanung, die auf die Festsetzung eines „Einheimischenmodells für junge Leute und Studenten“ gerichtet war, sei unwirksam. Eine solche Festsetzung verfolge keine rechtmäßigen bzw. im Gesetz vorgesehenen städtebaulichen Ziele. Eine hierauf begründete Veränderungssperre sei erkennbar eine sog. Verhinderungsplanung und somit unzulässig.

Praxistipp

Die baurechtliche Veränderungssperre wird von Kommunen gerne benutzt, um unliebsame Bauvorhaben zu verhindern. Dies ist jedoch nur dann erfolgsversprechend, wenn mit der Bauleitplanung ein legitimes Planungsziel verfolgt wird, da der Plangeber für eigentumsbeschränkende Festsetzungen eine gesetzliche Grundlage braucht. Welche planerischen Festsetzungen verfolgt werden können, ist abschließend im Baugesetzbuch (BauGB) sowie in der Verordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke (BauNVO) geregelt.

Autor: Felix Semper – semper@bethge-legal.com

Fundstelle: VGH Bayern, Urteil vom 17.10.2017, 15 N 17.574, IBRRS 2017, 3836

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Grundstücksrecht: Voraussetzungen der Arglist

Verschweigt der Verkäufer einer Immobilie einen Mangel arglistig, so kann der Käufer auch bei einem vereinbarten Gewährleistungsausschluss Schadensersatz geltend machen. Arglistig handelt der Verkäufer allerdings nur, wenn er den Mangel kennt oder zumindest für möglich hält und weiß oder damit rechnet, dass der Käufer den Mangel nicht kennt und bei Kenntnis den Vertrag nicht oder nicht mit dem Inhalt geschlossen hätte; eine leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis reicht nicht aus. Ein arglistiges Verschweigen des Verkäufers kann daher nur bejaht werden, wenn der Verkäufer von den äußerlichen Anzeichen auf einen Mangel und dessen Ursache schließt und dem Käufer dies nicht offenbart. Im konkreten Fall hatte der Verkäufer den Mangel der Immobilie fälschlicherweise auf Pflasterarbeiten – und nicht auf Feuchtigkeit – zurückgeführt und dem Käufer dies bei der Besichtigung mitgeteilt. Diese Aussage war, so das Oberlandesgericht Koblenz, nicht arglistig, so dass kein Schadensersatzanspruch bestand.

Kommentar

Die rechtliche Tragweite arglisten Handelns ist erheblich. Sollte der Verkäufer einen ihm bekannten Mangel arglistig verschwiegen haben, kann sich der Käufer – selbst bei einem vereinbarten Gewährleistungsausschluss – im Ernstfall vollständig vom Vertrag lösen. Dementsprechend hoch sind die Voraussetzungen an ein arglistiges Handeln des Verkäufers zu stellen.

Autor: Kevin Jolly – jolly@bethge-legal.com

Fundstelle: OLG Koblenz, Urteil vom 13.09.2017, 5 U 363/17, IBRRS 2017, 4139

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Gewerbliches Mietrecht: Mietminderung wegen Gebrauchsbeschränkung?

Wird eine gewerbliche Fläche zu einem anderen Zweck vermietet, als es die Baugenehmigung zulässt, kann die Baubehörde eine Gebrauchsbeschränkung aussprechen. Die Miete kann allerdings nur gemindert werden, wenn die im Mietvertrag vereinbarte Nutzung durch die Baubehörde rechtswirksam gegenüber dem Mieter untersagt wird oder eine solche Untersagung zeitnah bevorsteht. Im konkreten Fall war eine Lagerhalle für Lackierarbeiten vermietet worden, wobei diese Nutzung nicht von der Baugenehmigung erfasst war. Die Baubehörde leitete deshalb ein Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen den Vermieter ein. Gegenüber dem Mieter erfolgte jedoch keine konkrete Nutzungsuntersagung durch die Behörde. Der Mieter musste auch während des gegen den Vermieter eingeleiteten Verfahrens die volle Miete zahlen.

Kommentar

Die Miete kann nur gemindert werden, wenn der Gebrauch für den Mieter auch tatsächlich eingeschränkt ist. Dafür muss die Baubehörde die aktuelle Nutzung konkret untersagen. Solange dies noch nicht geschehen ist, kann der Mieter das Objekt weiter nutzen. Ein bereits gegen den Vermieter eingeleitetes Ordnungswidrigkeitsverfahren betrifft den Mieter zunächst nicht.

Autor: Veronika Thormann – thormann@bethge-legal.com

Fundstelle: OLG Dresden, Beschluss vom 01.06.2017, 5 U 477/17, IBRRS 2017, 4107

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Newsletter 2018/02

Ausgabe:2018/02
Sehr geehrte Damen und Herren, unser heutiger newsletter immobilienrecht informiert Sie über folgende Themen:

Update – Neues Bauvertragsrecht

Ab dem 01. Januar 2018 sind mit der Reform des Bauvertragsrechts erhebliche Änderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch in Kraft getreten.

Diese Änderungen sind für Ihr Tagesgeschäft von hoher Relevanz. So gelten beispielsweise im Hinblick auf Änderungsanordnungen, deren Vergütung oder die Abnahme neue Spielregeln. Die VOB/B dürfte in Teilbereichen nicht mehr wirksam sein.

Kennen und beachten Sie die neuen Spielregeln! Wir unterstützen Sie dabei gerne. Aus diesem Grund laden wir Sie auch sehr herzlich zu unserer Schulung

„Das neue Bauvertragsrecht im praktischen Kontext“ am 07. Februar 2018, 18 Uhr

in unsere Kanzlei ein.

Unser Referent André Dietrich-Bethge LL. M., Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht sowie Leiter der Geschäftsbereiche bau solutions und litigation wird dabei die relevanten Neuerungen im BGB vorstellen, eine rechtliche Einordnung vornehmen und mit den Teilnehmern die Praxisbezüge diskutieren.

Die Teilnehmerzahl ist auf 30 Personen begrenzt. Um Anmeldung wird daher bis zum 02. Februar 2018 gebeten.

Mehr zum Inhalt der Schulung und das Anmeldeformular finden Sie hier.

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QUO VADIS 2018

Vom 19.02.2018 – 21.02.2018 findet der 28. Jahresauftakt für Immobilienentscheider statt. Neben zukunftsweisenden Vorträgen und kontroversen Diskussionsrunden ist QUO VADIS auch Plattform für Networking auf höchstem Niveau.

bethge | ist auch 2018 Partner beim QUO VADIS! Der bethge | Thementisch findet am 20.02.2018 statt. Diskutieren Sie am Tisch mit uns zum Thema „Real Estate + Legal Tech – digitale (R-)Evolution in der Immobilienbranche?“.

Näheres zur Veranstaltung und zur Anmeldung finden Sie im Programm.

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Bau- und Architektenrecht: Veränderter technischer Standard bei Abnahme

Ändern sich die allgemein anerkannten Regeln der Technik zwischen Bauvertragsschluss und Abnahme, ist der Stand zum Zeitpunkt der Abnahme maßgeblich. Der Auftragnehmer ist verpflichtet, den Auftraggeber über die Risiken der Bauausführung zu informieren. Besteht der Auftraggeber auf die Einhaltung der neuesten Regeln, muss der Auftragnehmer dies beachten und umsetzen, hat allerdings für ein aufwendigeres Herstellungsverfahren gegebenenfalls auch einen Anspruch auf Anpassung der Vergütung. Alternativ kann der Bauherr die Errichtung nach den veralteten technischen Vorschriften ohne die anfallenden Mehrkosten akzeptieren.

Praxistipp

Um das Risiko, dass sich die Regeln der Technik verschärfen, auf den Auftraggeber zu verlagern, kann vertraglich vereinbart werden, welcher Stand der Technik entscheidend sein soll. Beispielsweise kann hierfür der Zeitpunkt des Vertragsschlusses oder etwa der Baugenehmigung ausgewählt werden. Andernfalls trägt bei einer funktionalen Leistungsbeschreibung ausschließlich der Auftragnehmer das Kostenrisiko für eine Veränderung des technischen Standards bis zum Zeitpunkt der Abnahme.

Autor: Frederik Ulbrich – ulbrich@bethge-legal.com

Fundstelle: BGH, Urteil vom 14.11.2017, VII ZR 65/14, BeckRS 2017, 134031

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Grundstücksrecht: Gefahren des Miteigentums

Ist ein im Miteigentum mehrerer stehendes Grundstück durch eine Eigentümergrundschuld belastet und deswegen die Versteigerung praktisch unmöglich, kann jeder Miteigentümer die Zustimmung der anderen zur Löschung der Grundschuld verlangen. Eine Eigentümergrundschuld wird eingetragen, wenn das mit der Grundschuld gesicherte Darlehen abgezahlt und an den Eigentümer abgetreten ist. Bei einer Versteigerung wird sie in voller Höhe in das Mindestgebot eingerechnet. Übersteigt der Wert der eingetragenen Grundschuld den Wert des Grundstücks, so ist eine Versteigerung praktisch unmöglich. Der andere muss der Löschung zustimmen, damit das Grundstück versteigert werden kann.

Kommentar

Besonders relevant ist diese Entscheidung, wenn es sich – wie im konkreten Fall – bei den Miteigentümern um zwischenzeitlich geschiedene Eheleute handelt. Denn der Anspruch auf Zustimmung zur Löschung ist unabhängig davon, wer die Schulden getilgt hat oder wer in der Immobilie lebt. Im konkreten Fall hatte der Ehemann während der Ehe als Alleinverdiener die Schulden getilgt und lebte nach der Scheidung weiterhin in der so gemeinsam erworbenen Wohnung. Trotzdem muss er – ohne Anrechnung der Schuldentilgung – die Versteigerung ermöglichen, also der Löschung der Eigentümergrundschuld zustimmen.

Autor: Nils Flaßhoff – flasshoff@bethge-legal.com

Fundstelle: OLG Karlsruhe, Beschluss vom 20.07.2017, 2 UF 52/17, IBRRS 2017, 3748

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Wohnraummietrecht: Kosten der Gemeinschaftsanlage – Umlage möglich?

In Betriebskostenabrechnungen dürfen die Kosten für Gemeinschaftsanlagen selbst dann umgelegt werden, wenn diese auch durch Mieter umliegender Objekte mitgenutzt werden und diese an den Kosten nicht beteiligt sind. In dem zugrunde liegenden Fall klagte ein Vermieter auf Zahlung der Betriebskosten, die der Mieter mit Verweis auf einzelne Positionen verweigerte. Das Gericht verurteilte den Mieter zur Zahlung. Dass die Mieter eines Objektes allein mit den Kosten für die Erholungsflächen belastet würden, sei nicht erheblich. Dies gelte auch dann, wenn diese Flächen von den Mietern der umliegenden Objekte mitgenutzt würden. Entscheidend sei vielmehr, ob ein Bezug zur Mietsache besteht. Sinn und Zweck einer Betriebskostenabrechnung sei es nicht, materielle Gerechtigkeit herzustellen.

Praxistipp

Tatsächlich umgelegt werden können Betriebs- und Nebenkosten nur dann, wenn dies explizit vertraglich geregelt ist. Hierfür reicht nach der Rechtsprechung ein Verweis auf die Betriebskostenverordnung zwar grundsätzlich aus. Erfasst sind dann aber nur die dort aufgeführten Kosten. Will der Vermieter Weiteres umlegen, wie z. B. weitere Wartungskosten, muss dies ausdrücklich vereinbart werden.

Autor: Bettina Baumgarten – baumgarten@bethge-legal.com

Fundstelle: LG Berlin, Urteil vom 25.07.2017, 63 S 33/17, IMR 2018, 2203

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Newsletter 2018/01

Ausgabe:2018/01
Sehr geehrte Damen und Herren, unser heutiger newsletter immobilienrecht informiert Sie über folgende Themen:

Grundstücksrecht: Bereits ein Altlastenverdacht ist Sachmangel!

Begründet die frühere Nutzung des Grundstückes einen Altlastenverdacht, stellt dies bereits einen Sachmangel des Kaufgegenstandes dar. Es bedarf keiner weiteren Umstände, die auf das Vorhandensein konkreter Altlasten hindeuten. In dem zugrunde liegenden Fall klagte der Käufer eines Grundstückes auf Preisminderung und Schadensersatz gegen den Verkäufer, da dieser Informationen zu einem Altlastenverdacht zurückgehalten hatte. Mit Erfolg! Denn besteht aufgrund der früheren Nutzung -hier: Betrieb einer Asphaltmischanlage und eines Klärschlammrückhaltebeckens- ein Altlastenverdacht, stellt bereits dies regelmäßig einen offenbarungspflichtigen Sachmangel dar. Verschweigt der Verkäufer eine ihm bekannte frühere Nutzung, die solch einen Verdacht begründet, so handelt er objektiv arglistig und muss deshalb für den daraus entstandenen Schaden haften.

Praxistipp

Verkäufer mit Kenntnissen über frühere Nutzungen auf dem Grundstück, welche typischerweise zu Altlasten führen können, sollten in jedem Fall den Käufer vor Vertragsschluss über die relevanten Sachverhalte informieren und aufklären. Es kann sich bezahlt machen, mit offenen Karten zu spielen. Andernfalls droht, wie in dem ausgeurteilten Fall, eine böse Überraschung, die bis zur Rückabwicklung des Grundstückskaufes führen kann.

Autor: Frank U. Schuster – schuster@bethge-legal.com

Fundstelle: BGH, Urteil vom 21.07.2017, V ZR 250/15, BeckRS 2017, 130734

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Grundstücksrecht: Über das Vorkaufsrecht der Gemeinde

Wird ein Grundstück verkauft, so kann der Gemeinde ein Vorkaufsrecht zustehen. Übt die Gemeinde das Vorkaufsrecht aus, wird sie – nicht der eigentliche Käufer – Eigentümer des Grundstücks. Es gibt allerdings Grenzen: Das Vorkaufsrecht kann unter anderem gemäß den gesetzlichen Vorgaben dann nicht ausgeübt werden, wenn das Grundstück entsprechend der Festsetzungen eines Bebauungsplanes bebaut ist. Das Landgericht Berlin hielt sich in dem vorliegenden Fall an den konkreten Wortlaut des Gesetzes und verneinte das Vorkaufsrecht der Gemeinde aufgrund eines für die streitgegenständlichen Grundstücke geltenden Bebauungsplans. Dementsprechend wurde der Käufer Eigentümer der Grundstücke. Gegen die Entscheidung ist allerdings Berufung eingelegt worden.

Kommentar

Zwar existiert ein gesetzliches Vorkaufsrecht der Gemeinde, es müssen allerdings bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Insbesondere muss die Ausübung des Vorkaufsrechts immer durch das Interesse der Allgemeinheit gerechtfertigt sein. Es ist deshalb in der Praxis die Regel, dass die Gemeinde ein Vorkaufsrecht nicht ausübt. Hat die Gemeinde ein Vorkaufecht und übt sie dieses auch aus, ist es für den Käufer ärgerlich, für den Verkäufer jedoch grundsätzlich kein finanzieller Nachteil.

Autor: Kevin Jolly – jolly@bethge-legal.com

Fundstelle: LG Berlin, Urteil vom 26.04.2017, O 2/15 Baul, IBRRS 2017, 3746

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Bau- und Architektenrecht: Keine Haftung des Statikers bei fehlerhaftem Wärmeschutznachweis

Übernimmt ein Statiker neben der Tragwerksplanung Aufgaben des Wärmeschutzes, richtet sich sein Verantwortungsbereich nach den Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarung mit dem Bauherrn. Im vorliegenden Fall wurde ein Statiker wegen fehlerhafter Wärmeschutznachweise im Rahmen der Errichtung mehrerer Wohnhäuser auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Zu Unrecht, so der Senat. Der Statiker sei nach der vertraglichen Vereinbarung allein mit der Erstellung von Wärmeschutznachweisen beauftragt worden. Für vorhandene Defizite des Wärmeschutzes in den Wohnhäusern sei er nicht verantwortlich, weil diese Mängel nicht auf einer fehlerhaften Leistung des Statikers beruhten.

Hinweis

Die Pflichten des Statikers ergeben sich allein aus der vertraglichen Vereinbarung mit dem Bauherrn, wonach sich in diesem Fall seine Leistungen im Bereich des Wärmeschutzes auf die Erstellung des erforderlichen Nachweises beschränkten. Das bedeutet, dass für alle anderen Fragen des Wärmeschutzes -außer der Erstellung der Nachweise -der Bauherr selbst verantwortlich ist bzw. die von ihm anderweitig beauftragten Fachleute, in erster Linie der Architekt und im Übrigen die jeweils zuständigen Bauhandwerker.

Autor: Dr. Sebastian Ziegler – ziegler@bethge-legal.com

Fundstelle: OLG Karlsruhe, Urteil vom 18.08.2017, 9 U 3/15, IBRRS 2017, 3989

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Makler- und Bauträgerrecht: Neue Chance für Reservierungsgebühren?

Zu dem lange entschieden geglaubten Thema der Reservierungsgebühren für Makler gibt es eine Neuerung: Vereinbart ein Makler mit einem Interessenten einen unabhängigen Reservierungsvertrag für eine Immobilie, so erhält er nach Auffassung des Kammergerichts Berlin unproblematisch eine Reservierungsgebühr. Grund dafür ist -so das Gericht-, dass es sich bei Reservierungsgebühren im Rahmen eines Reservierungsvertrages um die Hauptpflicht des Vertragspartners handele. In einem solchen Fall stehe auch der Vereinbarung der Reservierungsgebühr als Allgemeine Geschäftsbedingung nichts im Wege. Deshalb wurde im konkreten Fall die Wirksamkeit einer entsprechenden Klausel bestätigt.

Kommentar

Bisher galt die Vereinbarung von Reservierungsgebühren für den Makler in der Regel als unwirksam. Das Kammergericht stellte jedoch jetzt in seinem Urteil klar, dass die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Unzulässigkeit von Reservierungsgebühren einen völlig anderen Fall betreffe: Nämlich die Vereinbarung einer Reservierungsgebühr im Rahmen von Maklerverträgen. Zwar eröffnet dieses Urteil eine neue Möglichkeit für Makler, Reservierungsgebühren in einem unabhängigen Vertrag zu vereinbaren. Mit der Frage, ob dieser nicht möglicherweise beurkundungspflichtig ist, hat sich das Gericht allerdings nicht befasst, so dass hier weiterhin Vorsicht geboten ist.

Autor: Veronika Thormann – thormann@bethge-legal.com

Fundstelle: KG Berlin, Urteil vom 19.10.2017, 23 U 154/16, IBRRS 2017, 3899