Newsletter 2018/08

Ausgabe:2018/08
Sehr geehrte Damen und Herren, unser heutiger newsletter immobilienrecht informiert Sie über folgende Themen:

10 Maßnahmen zur EU-Datenschutz-Grundverordnung

Wie schon im newsletter immobilienrecht vom 04.04.2018 berichtet, tritt am 25. Mai 2018 die neue europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Kraft und damit ein neues Datenschutzrecht in Deutschland und der EU. Die DSGVO gilt für Sie, wenn in Ihrem Unternehmen personenbezogene Daten natürlicher Personen verarbeitet werden. Es gibt keine Übergangsfristen. Sämtliche Anforderungen des neuen Rechts müssen ab dem 25. Mai 2018 eingehalten werden. Bei Verstößen drohen aufsichtsrechtliche Maßnahmen und hohe Bußgelder. Aber es ist nicht zu spät, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Nachfolgend haben wir für Sie noch einmal die Top 10 an Last-Minute Maßnahmen zusammengestellt:

1. Benennung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten

Gemäß Art. 37 Abs. 4 DSGVO i. V. m. § 38 Abs. 1 BDSG-neu ist ein Datenschutzbeauftragter zu benennen, sobald in einem Betrieb mehr als 10 Personen mit der Verarbeitung von personenbezogenen Daten beschäftigt sind.

2. Erstellung eines Verzeichnisses aller Verarbeitungstätigkeiten – Data-Mapping

Art. 30 DSGVO schreibt die Führung eines Verzeichnisses aller Verarbeitungstätigkeiten vor, auch Data Mapping genannt. Das Verzeichnis dient dem Nachweis einer DSGVO-konformen Datenverarbeitung in dem Betrieb. Als Verarbeitungstätigkeiten gelten beispielsweise: elektronische Akten; Software zur Versendung und Verwaltung von E-Mails; Adressdatenbanken; Software zur Terminverwaltung; Websites.

3. Lückensuche bzw. „Gap Analysis“

Die Data-Map ist der Ausgangspunkt für eine „Lückensuche“, die in den DSGVO-Umstellungsprozessen „Gap Analysis“ genannt wird. Diese Schwachstellensuche soll für jedes einzelne Verarbeitungsverfahren unter den folgenden Aspekten durchgeführt werden: Datensparsamkeit (Nur so viel Daten verarbeiten wie nötig.), Datenrichtigkeit (Aktualität der Informationen), Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung, Löschung der Daten nach Ende der Nutzung (Notwendigkeit der Datenvorhaltung), Zugriffskontrolle und -berechtigung (Wer hat Zugriff auf die Daten?) und Datensicherheit (Schutz gegen Hacker und Malware). Am Ende jeder „Gap Analysis“ steht ein Maßnahmenplan mit dem Ziel der möglichst umfassenden Datenschutzkonformität aller Verfahren.

4. Datensicherheit

Gemäß Art. 32 DSGVO sind technische und organisatorische Maßnahmen zu ergreifen, um die Sicherheit der verarbeiteten Personendaten zu gewährleisten. Die Vorschrift konkretisiert den Grundsatz der „Integrität und Vertraulichkeit“ gem. Art. 5 Abs. 1 lit. f DSGVO. Die bereits bei Ihnen ergriffenen Maßnahmen sind mit Blick auf Verschlüsselung, Stabilität und Wiederherstellbarkeit zu überprüfen und ggf. zu verbessern, damit der Stand der Technik eingehalten wird.

5. Implementierung der neuen Rechtslage in die Arbeitsprozesse

Bei der Datenverarbeitung wird sich zumeist der Unterstützung durch Dienstleister aller Art bedient. All diese Verfahren waren bereits nach bisherigem Recht als Auftragsdatenverarbeitung anzusehen mit der Folge, dass es entsprechender Verträge bedurfte. Nach neuem Recht bleibt dies so, allerdings müssen bestehende Verträge an das neue Recht angepasst werden. Sind Ihre Dienstleister schon auf Sie zugekommen?

6. Datenschutzinformationen

Die Informationspflichten sind nach neuem Recht wesentlich umfangreicher als dies bisher der Fall war (Art.13 und 14 DSGVO). Beispielsweise müssen die Datenschutzbestimmungen auf Websites überarbeitet werden. Zudem empfehlen sich allgemeine „Hinweise zur Datenverarbeitung“, die jedem neuen Vertrag beigefügt werden sollten, den Sie abschließen. Entsprechende Hinweise gehören zudem in Zukunft auch in jeden Arbeitsvertrag.

7. Geltendmachung von Betroffenenrechten

Die DSGVO gibt dem Betroffenen eine Palette von Rechten an die Hand. In Ihrem Betrieb sollte es daher klare Regeln geben, wie zu verfahren ist, wenn beispielsweise ein (früherer) Kunde sein gesetzliches Recht auf „Datenübertragbarkeit“ gem. Art. 20 DSGVO geltend macht und die Herausgabe aller Daten verlangt, die Sie über ihn gespeichert haben. Auch für andere Betroffenenrechte, wie etwa das Auskunftsrecht (Art. 15 DSGVO) oder das Recht auf Löschung (Art. 17 DSGVO) sollten interne Reglungen existieren.

8. Meldepflichten

Jeder Datenschutzverstoß muss gemäß Art. 33 DSGVO innerhalb von maximal 72 Stunden bei der zuständigen Datenschutzbehörde gemeldet werden. Verliert ein Mitarbeiter beispielsweise sein Dienst-Handy und befinden sich auf dem Handy personenbezogene Daten, muss geprüft werden, ob eine Meldepflicht in Betracht kommt. Der bloße Verstoß gegen die Meldepflicht kann ein Bußgeld nach sich ziehen. Interne Arbeitsanweisungen sollten festlegen, wie bei einer Datenpanne vorzugehen ist.

9. Datenschutzrichtlinien

Generell sollten in schriftlichen internen Richtlinien klare Regeln für die Datenverarbeitung aufgestellt werden mit dem Ziel des rechtskonformen Handelns. Art. 24 DSGVO legt die Erstellung derartiger Richtlinien nahe. Interne Richtlinien geben Mitarbeitern Orientierung, wenn es darum geht, Datenschutzverstöße, Datenpannen und Datenlecks zu vermeiden.

10. Rechnen Sie mit Anfragen der Behörden

Es wird nicht allzu lange dauern, bis es erste Berichte über Datenschutzkontrollen und Datenpannen nach dem neuen Recht gibt. Sobald es Beschwerden bei der Aufsichtsbehörde gibt, muss Ihr Betrieb damit rechnen, dass die Behörde kritische Fragen stellt. Spätestens zu diesem Zeitpunkt sollte es ein vorzeigbares Verarbeitungsverzeichnis sowie Datenschutzinformationen und -richtlinien geben, die die Handhabung des Datenschutzes dokumentieren. Zeigen Sie, dass Sie Datenschutz ernst nehmen.

Autor: Daniel Pahl 

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Newsletter 2018/07

Ausgabe:2018/07
Sehr geehrte Damen und Herren, unser heutiger newsletter immobilienrecht informiert Sie über folgende Themen:

Gewerbliches Mietrecht: Schadensersatz bei eigenmächtiger Inbesitznahme und Ausräumung

Nimmt der Vermieter ohne einen gerichtlichen Titel die vermieteten Räume in Besitz und räumt diese eigenmächtig aus, obwohl der Mieter die Räume erkennbar nicht aufgegeben hat, ist dies verbotene Eigenmacht und unerlaubte Selbsthilfe des Vermieters. Im vorliegenden Fall hatte der Vermieter die eigentlich vermietete Halle wegen eines undichten Daches ausgeräumt und die dort vom Mieter gelagerten Maschinen in eine andere Lagerhalle verbracht. Sodann klagte er auf Zahlung von Miete bzw. Nutzungsentschädigung. Seine Klage blieb erfolglos, da (für die andere Lagerhalle) weder ein vertraglicher noch ein bereicherungsrechtlicher Zahlungsanspruch besteht. Selbst wenn ein solcher Anspruch bestehen würde, stünde dem Anspruch des Vermieters auf Nutzungsersatz für die andere Halle der Schadensersatzanspruch des Mieters wegen der rechtwidrigen Selbsthilfe in gleicher Höhe entgegen.

Praxistipp

Der konkrete Fall zeigt, wie wichtig die Kommunikation zwischen den Parteien ist. Sicherlich hatte der Mieter ein eigenes Interesse an der Sicherung seiner eingelagerten Maschinen vor dem undichten Dach und wäre ggf. mit einer Räumung einverstanden gewesen. Das eigenmächtige Verhalten des Vermieters lässt seine Ansprüche aber entfallen.

Autor: Bettina Baumgarten – baumgarten@bethge-legal.com

Fundstelle: OLG Dresden, Urteil vom 14.06.2017, 5 U 1426/16, BeckRS 2017, 141171

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Bau- und Architektenrecht: Vorbereitende Bauteilöffnung ist Sache des Beweisführers

In einem Bauprozess hat der Sachverständige die vorbereitende Bauteilöffnung, welche die Feststellung des Befunds erst ermöglicht, gegen seinen Willen nicht durchzuführen. Verweigert er die erforderliche Maßnahme, kann keine gegenteilige Anweisung durch das Prozessgericht erfolgen. Lehnt  also der beweisbelastete Kläger die Veranlassung der notwendigen Bauteilöffnung ab und wird beispielsweise die konkrete Mangelursache deshalb nicht festgestellt, so bleibt der Kläger beweisfällig und unterliegt im Klageverfahren.

Kommentar

Wie überwiegend von der Rechtsprechung vertreten wird, hält das Oberlandesgericht Schleswig den gerichtlichen Sachverständigen in der vorbenannten Konstellation für nicht verpflichtet. Er muss den Eingriff in die Bausubstanz nicht vornehmen. Der Bundesgerichtshof selbst hat sich zu dieser Frage bisher noch nicht geäußert. Abzugrenzen ist diese Konstellation von der Bauteilöffnung, die unmittelbar zur Feststellung der Befundtatsache führt. Diese ist originäre Angelegenheit des Sachverständigen. Weigert sich der Sachverständige in diesem Fall, kann der Sachverständige nach überwiegender Rechtsprechung dazu vom Gericht verpflichtet werden. Hat der Sachverständige anlässlich der Begutachtung einen Substanzeingriff vorgenommen, hat er diesen auch wieder zu beheben.

Autor: Frederik Ulbrich – ulbrich@bethge-legal.com

Fundstelle: OLG Schleswig, Urteil vom 24.11.2017, 1 U 49/15, BeckRS 2017, 141409

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Wohnraummietrecht: Über die Grenzen der Räumpflicht

Der Vermieter muss nur auf seinem Grundstück Schnee räumen. Das gilt auch, wenn auf dem öffentlichen Gehweg nach der Räumung durch die Gemeinde ein schmaler Streifen Schnee und Eis vor der Haustür liegen bleibt, die der Mieter überqueren muss. Diesem ist es zumutbar, einen solchen Streifen vorsichtig zu überqueren und so zum geräumten Teil des Gehweges zu gelangen. Im konkreten Fall stürzte der Mieter auf dem öffentlichen – ungeräumten – Teil des Gehweges und brach sich dabei den Knöchel. Er verlangte deshalb von seinem Vermieter Schadensersatz. Damit hatte er jedoch keinen Erfolg.

Kommentar

Grundsätzlich ist der Vermieter für die Räumung seines Grundstückes von Schnee und Eis zuständig, um seinen Mietern, aber auch Gästen oder Lieferanten den sicheren Weg in das Gebäude zu ermöglichen. Diese Räumpflicht endet jedoch unabhängig davon, ob der angrenzende öffentliche Weg durch die Gemeinde vollständig geräumt wird, an der Grundstücksgrenze. Verläuft die Grundstücksgrenze – wie im konkreten Fall – direkt an der Türschwelle, fällt die Räumung des Gehweges nicht mehr in den Aufgabenbereich des Vermieters. Kommt es in einer solchen Konstellation direkt vor der Haustür, aber auf dem öffentlichen Gehweg, zu einem Unfall, kann der Vermieter nicht haftbar gemacht werden.

Autor: Nils Flaßhoff – flasshoff@bethge-legal.com

Fundstelle: BGH, Beschluss vom 21.02.2018, VIII ZR 255/16 – www.bundesgerichtshof.de

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In 51 Tagen tritt die Datenschutz-Grundverordnung in Kraft. Wir empfehlen diese 10 Maßnahmen.

Am 25. Mai 2018 tritt die neue europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Kraft und damit ein neues Datenschutzrecht in Deutschland und der EU. Die DSGVO gilt für Sie, wenn in Ihrem Unternehmen personenbezogene Daten natürlicher Personen verarbeitet werden. Ab dem 25. Mai 2018 müssen sämtliche Anforderungen des neuen Rechts eingehalten werden. Es gibt keine Übergangsfristen. Bei Verstößen drohen aufsichtsrechtliche Maßnahmen und hohe Bußgelder in Höhe von bis zu 20 Mio. Euro oder 4 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes. Wenn Sie die folgenden 10 Maßnahmen schon umgesetzt haben oder dabei sind, sind Sie auf einem guten Weg:

  1. Sie haben zusätzliche Arbeit in das Thema Datenschutz investiert und notwendige Anpassungen Ihrer Systeme, Prozesse und internen Anweisungen unternommen.
  2. Sofern Sie dazu verpflichtet sein werden, haben Sie einen internen oder externen Datenschutzbeauftragten benannt.
  3. Sie haben in Ihrem Unternehmen klar definierte Verantwortungsbereiche für die Umsetzung der DSGVO geschaffen.
  4. Alle verantwortlichen Entscheidungsträger sind rechtzeitig mit Information über die Anforderungen der DSGVO und deren Sanktionen versorgt worden.
  5. Sie haben Ihren Mitarbeiter die nötigen Informationen zur DSGVO und etwaigen neuen Pflichten, Prozessen und Arbeitsanweisungen gegeben, zum Beispiel über die Meldepflicht bei Verstößen.
  6. Sie haben Ihre IT-Struktur und Datenverarbeitungsprozesse überprüft und ein Datenverarbeitungsverzeichnis – eine sogenannte Data-Map – erstellt.
  7. Auf der Grundlage des Data-Mapping haben Sie Lücken oder Verbesserungsmaßnahmen identifiziert (eine sogenannte Gap-Analysis), um die Sicherheit bei der Verarbeitung und hinsichtlich Verschlüsselung, Stabilität und Wiederherstellbarkeit zu erhöhen.
  8. Sie haben Zugriffskontrollen und Berechtigungsprüfungen bei der Datenverarbeitung ein- und durchgeführt.
  9. Sie haben Ihre Datenschutzmaßnahmen und internen Richtlinien schriftlich niedergelegt und die Umsetzung von (neuen) Datenschutzmaßnahmen aufgrund von Lücken, die sich anhand der Gap-Analysis gezeigt haben, dokumentiert.
  10. Sie sind bereit, den Aufsichtsbehörden Ihre Dokumentationen und Richtlinien in kurzer Zeit vorzulegen, sollten diese Einsichtnahme von Ihnen verlangen.

Autor: Daniel Pahl 

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Newsletter 2018/06

Ausgabe:2018/06
Sehr geehrte Damen und Herren, unser heutiger newsletter immobilienrecht informiert Sie über folgende Themen:

Grundstücksrecht: Wer unberechtigt nutzt, muss zahlen!

Stellt ein Alttextilunternehmer unberechtigt Altkleidercontainer auf einem (privaten) Grundstück auf, so ist er dem Grundstückseigentümer zur Herausgabe der gezogenen Nutzungen bzw. des Gebrauchsvorteils verpflichtet. In dem zugrunde liegenden Fall stritten der Grundstückseigentümer und der Alttextilunternehmer über das unbefugte Aufstellen von Altkleidercontainern und die Höhe einer etwaigen zu gewährenden monatlichen Entschädigung. Das Gericht sprach dem Grundstückseigentümer den Herausgabeanspruch für die gezogenen Nutzungen zu. Zu erstatten sei der tatsächliche objektive Marktwert der Sachnutzung. Dies entspreche dem durchschnittlichen Entgelt, das am Markt für einen vergleichbaren Standort zur Containeraufstellung aufzuwenden gewesen wäre – unabhängig davon, ob die Aufstellung im konkreten Fall dann noch rentabel ist.

Praxistipp

Alttextilcontainer sind in vielen Kommunen ein großes Ärgernis, von dem auch immer häufiger Private betroffen sind. Das Urteil zeigt rabiat vorgehenden Alttextilunternehmern Grenzen auf. Wer fremde Grundstücke für seine eigenen Zwecke nutzt hat hierfür eine Entschädigung zu zahlen.

Autor: Felix Semper – semper@bethge-legal.com

Fundstelle: LG Marburg, Urteil vom 13.10.2017, 5 S 13/17, BeckRS 2017, 129883

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Grundstücksrecht: Was ist von einer Vollmacht mit Mindestverkaufspreis gedeckt?

Wird ein Vertreter zum Verkauf einer Eigentumswohnung mit einem Mindestkaufpreis bevollmächtigt, deckt diese Vollmacht auch einen Kaufvertrag ab, bei dem der Mindestkaufpreis dadurch erreicht wird, dass Inventar und die Instandhaltungsrücklage mitverkauft werden und im Kaufpreis enthalten sind. Die Käuferin einer Eigentumswohnung begehrte die Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch. Dies verweigerte das Grundbuchamt, da der Kaufvertrag nicht von der mit dem Mindestpreis versehenen Vollmacht gedeckt sei. Die Beschwerde der Käuferin hatte Erfolg! Denn im Zweifel erstrecke sich der Veräußerungswillen der Parteien auch auf das Zubehör des Grundbesitzes. Gemessen hieran könne die Vollmacht ohne weiteres dahin ausgelegt werden, dass sie zum Abschluss des vorliegenden Kaufvertrages und der Auflassungserklärung ausreiche.

Kommentar

Es zeigt sich am vorliegenden Fall wieder einmal, wie wichtig es ist, sich präzise auszudrücken. Insbesondere in einer Vertretervollmacht sollte der eigene Wille genau festgelegt werden. Nur so ist zu vermeiden, dass hinterher Unklarheiten über das tatsächlich Gewollte bestehen oder Nachteile entstehen.
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Bau- und Architektenrecht: Fortwirkung der Gefahren einer mangelhaften Werkleistung

Ein Schaden muss in einem inneren Zusammenhang mit der durch den Schädiger geschaffenen Gefahrenlage stehen. Dies stellte der BGH aktuell klar. Im vorliegenden Fall beauftragte die auf Mallorca lebende Klägerin die Beklagte mit Mängelbeseitigungsarbeiten an einem Heizungs- und Warmwassergerät in einer unbewohnten Wohnung. Drei Monate später befand sich auf dem Boden eine 1 cm hohe Wasserschicht. Streitig war, ob die Ursache des außergewöhnlichen Schadensausmaßes in der mangelhaften Dichtung oder in der Sphäre der Klägerin gelegen habe. Diese hatte ihre Wohnung nicht mehrmals wöchentlich kontrolliert. Der BGH gab der Klage statt. Im Wasserschaden hätten die besonderen Gefahren fortgewirkt, die durch die mangelhafte Werkleistung der Beklagten verursacht worden seien. Ein Mitverschulden der Klägerin könne nur beachtet werden, wenn feststehe, dass unterlassene Kontrollen mitursächlich für den Schaden gewesen seien.

Praxistipp

Um die Frage der Mitursächlichkeit mangelnder Kontrollen erst gar nicht aufkommen zu lassen, empfiehlt es sich, nach Beendigung von Mängelbeseitigungsarbeiten die Wohnräume in regelmäßigen Zeitabständen auf etwaige Schäden zu kontrollieren.

Autor: Dorothee Klumpe – klumpe@bethge-legal.com

Fundstelle: BGH, Urteil vom 25.01.2018, VII ZR 74/15, BeckRS 2018, 1281

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Bau- und Architektenrecht: Rücktritt ohne Fristsetzung bei versäumtem Baubeginn zulässig!

Der Auftraggeber kann vom Bauvertrag zurücktreten, wenn der Auftragnehmer nicht rechtzeitig zum vereinbarten Termin mit seinen Arbeiten beginnt. Der Auftraggeber erklärte hier den Rücktritt von einem Vertrag über die Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses und klagte auf Rückzahlung der Vorschusskosten. Zu Recht, urteilte der Senat! Der Rücktritt vom Vertrag sei wegen verspäteter Leistung wirksam – auch ohne angemessene Fristsetzung. Die Parteien hatten einen fixen Termin für den Baubeginn vereinbart. Für den Auftragnehmer sei daher unzweifelhaft erkennbar gewesen, dass das Geschäft für den Auftraggeber mit der Einhaltung dieses Termins „stehe und falle“. Somit bestehe auch der Anspruch auf Rückzahlung.

Kommentar

Nicht jede verspätete Leistung berechtigt zu einem Rücktritt ohne angemessene Fristsetzung. In erster Linie kommt es darauf an, was die Parteien vereinbart haben. Ist für den Auftragnehmer ersichtlich, dass die Einhaltung des Termins für den Auftraggeber von höchster Priorität ist, bedarf es ausnahmsweise für den Rücktritt vom Vertrag keiner Fristsetzung, da die verspätete Leistung für den Auftragnehmer keine Erfüllung mehr darstellt.

Autor: Daniel Pahl – pahl@bethge-legal.com

Fundstelle: OLG Frankfurt, Urteil vom 16.8.2017, 29 U 271/16, IBRRS 2018, 0819

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Newsletter 2018/05

Ausgabe:2018/05
Sehr geehrte Damen und Herren, unser heutiger newsletter immobilienrecht informiert Sie über folgende Themen:

Bau- und Architektenrecht: Haftung verlängert sich auf 30 Jahre

Verzichtet der Werkunternehmer im Rahmen seiner Gewährleistung auf die Erhebung der Einrede der Verjährung, ohne dass dabei eine zeitliche Grenze gesetzt wird, haftet er für Mängel über eine Dauer von 30 Jahren. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall machte der Auftraggeber Mängelrechte nach Ablauf der vertraglichen Frist von fünf Jahren geltend. Dies gelang ihm, denn der Auftragnehmer hatte ausdrücklich auf die Einrede der Verjährung verzichtet und dabei keine zeitliche Grenze definiert. Daher hat sich die Mängelgewährleistungsfrist auf 30 Jahre verlängert. Damit kann der Auftraggeber auch noch 20 Jahre nach der Abnahme des Gewerks Mängelrechte geltend machen.

Praxistipp

Auftragnehmern ist zu empfehlen, den Verzicht auf die Einrede der Verjährung inhaltlich und zeitlich zu beschränken. Nicht selten verwendet der Auftragnehmer das vom Auftraggeber vorgefertigte Formular ungeprüft. Dabei sollte sich der Auftragnehmer aus eigenem Interesse kritisch mit der vorformulierten Erklärung auseinandersetzen, um nicht unnötig weit und lange zu haften. Die Abgabe einer Verjährungsverzichtserklärung ist in bestimmten Situationen zweckmäßig, um nicht die Einleitung eines Gerichtsverfahrens zu provozieren. Wird eine solche Erklärung allerdings voreilig und ungeprüft abgegeben, kann dies zu unerwünschten Folgen für den Erklärenden führen.

Autor: Frederik Ulbrich – ulbrich@bethge-legal.com

Fundstelle: OLG Celle, Urteil vom 15.06.2017, 6 U 2/17, IBR 2018, 2415

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Gewerbliches Mietrecht: Mietminderung bei Gefahr eines Wasserschadens?

Besteht ein konkretes Risiko, dass bei Regenfällen Wasser in Geschäftsräume eindringt, ist der Mieter zur Mietminderung berechtigt. Im konkreten Fall war es bei Niederschlägen mehrfach zu Wasserschäden in den Geschäftsräumen des Mieters gekommen. Solange deren Ursache – hier ein undichtes Dach – nicht beseitigt wird, muss auch nicht der volle Mietzins entrichtet werden. Denn der Mieter muss den ständig drohenden Wassereinbruch bei Einkauf und Lagerung seiner Waren im Hinterkopf behalten und ist auch an Neugestaltungen gehindert. Diese Einschränkungen der Nutzungsmöglichkeit der Geschäftsräume begründen bereits einen Mangel. Es reicht deshalb in einer solchen Konstellation bereits die Gefahr eines Wassereinbruchs für eine Mietminderung.

Kommentar

Ein Mangel (und damit das Recht zur Mietminderung) liegt vor, wenn die Ist-Beschaffenheit einer Mietsache in negativer Weise von der Soll-Beschaffenheit abweicht. Dabei ist dieses Abweichen nicht auf die bauliche Beschaffenheit einer Mietsache beschränkt. Vielmehr kann bereits durch eine Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten für den Mieter der Tatbestand des Mangels erfüllt sein. Dies stellte hier das Oberlandesgericht Karlsruhe klar.

Autor: Veronika Thormann – thormann@bethge-legal.com

Fundstelle: OLG Karlsruhe, Beschluss vom 22.08.2017, 9 U 141/15, IBRRS 2018, 0810

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Wohnungseigentumsrecht: Bei baulichen Veränderungen müssen alle zustimmen!

Wird das Erscheinungsbild eines Mehrfamilienhauses durch eine Baumaßnahme negativ beeinträchtigt, müssen alle Eigentümer zustimmen. Im konkreten Fall wollte ein Eigentümer sein bestehendes Dachgaubenfenster durch ein dreiflügeliges Fensterelement umgestalten. In der Eigentümerversammlung sprach sich eine Mehrheit der Wohnungseigentümer für die Baumaßnahme aus. Die Umgestaltung des Fensters bewirke jedoch eine nachteilige Veränderung des optischen Gesamteindrucks, sodass die Zustimmung aller Eigentümer erforderlich ist. Der Beschluss der Eigentümerversammlung widersprach damit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung und war für ungültig zu erklären, so das Amtsgericht Schöneberg.

Kommentar

Beschlüsse der Eigentümerversammlung über bauliche Veränderungen entsprechen nur dann einer ordnungsgemäßen Verwaltung, wenn alle Eigentümer, die durch die Maßnahme betroffen sind, zustimmen. Eine optische Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes eines Mehrfamilienhauses betrifft in der Regel – gerade wenn es sich dabei um Änderungen an der Außenfassade handelt – alle Eigentümer gleichermaßen, weshalb auch alle mit ihr einverstanden sein müssen.

Autor: Kevin Jolly – jolly@bethge-legal.com

Fundstelle: AG Schöneberg, Urteil vom 01.12.2016, 772 C 91/15, ZWE 2018, 42

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Wohnraummietrecht: Balkone werden zu einem Viertel angerechnet

Balkon-, Terrassen- sowie Wintergartenflächen werden nicht mit der Hälfte, sondern nur mit einem Viertel ihrer Grundfläche bei der Wohnfläche berücksichtigt. Dies entschied das Landgericht Berlin in einem streitigen Mieterhöhungsverfahren über eine Mietwohnung in Berlin-Wedding. Die Bestimmung der Wohnfläche richtet sich in der Regel nach der Wohnflächenverordnung, sofern sich in Berlin keine abweichende örtliche Übung durchgesetzt hat. In der Wohnflächenverordnung ist festgehalten, dass Balkone, Loggien, Dachgärten und Terrassen im Regelfall mit einem Viertel berechnet werden. Auch wenn die Datenerhebung eines Sachverständigen ergab, dass ein Großteil der Privatvermieter diese Flächen in der Praxis zur Hälfte berücksichtige, so lasse sich daraus keine andere örtliche Verkehrssitte für Berlin ableiten. Denn Großvermieter setzen hingegen diese Außenflächen mehrheitlich mit einem Viertel an.

Kommentar

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und liegt dem Bundesgerichtshof zu endgültigen Entscheidung vor (Az. VIII ZR 33/18). Nach der Wohnflächenverordnung sind Balkone, Loggien, Dachgärten und Terrassen in der Regel zu einem Viertel, höchstens jedoch zur Hälfte anzurechnen, wobei eine hälftige Anrechnung nur im Ausnahmefall greift, etwa wenn der Balkon aufgrund seiner Lage und Ausstattung im Vergleich zu „normalen“ Balkonen einen sehr hohen Wohnwert besitzt.

Autor: Simone Engel – engel@bethge-legal.com

Fundstelle: LG Berlin, Urteil vom 17.01.2018, 18 S 308/13, IBRRS 2018, 0731

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