Bau- und Architektenrecht: Haftung verlängert sich auf 30 Jahre
Verzichtet der Werkunternehmer im Rahmen seiner Gewährleistung auf die Erhebung der Einrede der Verjährung, ohne dass dabei eine zeitliche Grenze gesetzt wird, haftet er für Mängel über eine Dauer von 30 Jahren. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall machte der Auftraggeber Mängelrechte nach Ablauf der vertraglichen Frist von fünf Jahren geltend. Dies gelang ihm, denn der Auftragnehmer hatte ausdrücklich auf die Einrede der Verjährung verzichtet und dabei keine zeitliche Grenze definiert. Daher hat sich die Mängelgewährleistungsfrist auf 30 Jahre verlängert. Damit kann der Auftraggeber auch noch 20 Jahre nach der Abnahme des Gewerks Mängelrechte geltend machen.
Praxistipp
Auftragnehmern ist zu empfehlen, den Verzicht auf die Einrede der Verjährung inhaltlich und zeitlich zu beschränken. Nicht selten verwendet der Auftragnehmer das vom Auftraggeber vorgefertigte Formular ungeprüft. Dabei sollte sich der Auftragnehmer aus eigenem Interesse kritisch mit der vorformulierten Erklärung auseinandersetzen, um nicht unnötig weit und lange zu haften. Die Abgabe einer Verjährungsverzichtserklärung ist in bestimmten Situationen zweckmäßig, um nicht die Einleitung eines Gerichtsverfahrens zu provozieren. Wird eine solche Erklärung allerdings voreilig und ungeprüft abgegeben, kann dies zu unerwünschten Folgen für den Erklärenden führen.
Fundstelle: OLG Celle, Urteil vom 15.06.2017, 6 U 2/17, IBR 2018, 2415
Gewerbliches Mietrecht: Mietminderung bei Gefahr eines Wasserschadens?
Besteht ein konkretes Risiko, dass bei Regenfällen Wasser in Geschäftsräume eindringt, ist der Mieter zur Mietminderung berechtigt. Im konkreten Fall war es bei Niederschlägen mehrfach zu Wasserschäden in den Geschäftsräumen des Mieters gekommen. Solange deren Ursache – hier ein undichtes Dach – nicht beseitigt wird, muss auch nicht der volle Mietzins entrichtet werden. Denn der Mieter muss den ständig drohenden Wassereinbruch bei Einkauf und Lagerung seiner Waren im Hinterkopf behalten und ist auch an Neugestaltungen gehindert. Diese Einschränkungen der Nutzungsmöglichkeit der Geschäftsräume begründen bereits einen Mangel. Es reicht deshalb in einer solchen Konstellation bereits die Gefahr eines Wassereinbruchs für eine Mietminderung.
Kommentar
Ein Mangel (und damit das Recht zur Mietminderung) liegt vor, wenn die Ist-Beschaffenheit einer Mietsache in negativer Weise von der Soll-Beschaffenheit abweicht. Dabei ist dieses Abweichen nicht auf die bauliche Beschaffenheit einer Mietsache beschränkt. Vielmehr kann bereits durch eine Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten für den Mieter der Tatbestand des Mangels erfüllt sein. Dies stellte hier das Oberlandesgericht Karlsruhe klar.
Fundstelle: OLG Karlsruhe, Beschluss vom 22.08.2017, 9 U 141/15, IBRRS 2018, 0810
Wohnungseigentumsrecht: Bei baulichen Veränderungen müssen alle zustimmen!
Wird das Erscheinungsbild eines Mehrfamilienhauses durch eine Baumaßnahme negativ beeinträchtigt, müssen alle Eigentümer zustimmen. Im konkreten Fall wollte ein Eigentümer sein bestehendes Dachgaubenfenster durch ein dreiflügeliges Fensterelement umgestalten. In der Eigentümerversammlung sprach sich eine Mehrheit der Wohnungseigentümer für die Baumaßnahme aus. Die Umgestaltung des Fensters bewirke jedoch eine nachteilige Veränderung des optischen Gesamteindrucks, sodass die Zustimmung aller Eigentümer erforderlich ist. Der Beschluss der Eigentümerversammlung widersprach damit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung und war für ungültig zu erklären, so das Amtsgericht Schöneberg.
Kommentar
Beschlüsse der Eigentümerversammlung über bauliche Veränderungen entsprechen nur dann einer ordnungsgemäßen Verwaltung, wenn alle Eigentümer, die durch die Maßnahme betroffen sind, zustimmen. Eine optische Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes eines Mehrfamilienhauses betrifft in der Regel – gerade wenn es sich dabei um Änderungen an der Außenfassade handelt – alle Eigentümer gleichermaßen, weshalb auch alle mit ihr einverstanden sein müssen.
Fundstelle: AG Schöneberg, Urteil vom 01.12.2016, 772 C 91/15, ZWE 2018, 42
Wohnraummietrecht: Balkone werden zu einem Viertel angerechnet
Balkon-, Terrassen- sowie Wintergartenflächen werden nicht mit der Hälfte, sondern nur mit einem Viertel ihrer Grundfläche bei der Wohnfläche berücksichtigt. Dies entschied das Landgericht Berlin in einem streitigen Mieterhöhungsverfahren über eine Mietwohnung in Berlin-Wedding. Die Bestimmung der Wohnfläche richtet sich in der Regel nach der Wohnflächenverordnung, sofern sich in Berlin keine abweichende örtliche Übung durchgesetzt hat. In der Wohnflächenverordnung ist festgehalten, dass Balkone, Loggien, Dachgärten und Terrassen im Regelfall mit einem Viertel berechnet werden. Auch wenn die Datenerhebung eines Sachverständigen ergab, dass ein Großteil der Privatvermieter diese Flächen in der Praxis zur Hälfte berücksichtige, so lasse sich daraus keine andere örtliche Verkehrssitte für Berlin ableiten. Denn Großvermieter setzen hingegen diese Außenflächen mehrheitlich mit einem Viertel an.
Kommentar
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und liegt dem Bundesgerichtshof zu endgültigen Entscheidung vor (Az. VIII ZR 33/18). Nach der Wohnflächenverordnung sind Balkone, Loggien, Dachgärten und Terrassen in der Regel zu einem Viertel, höchstens jedoch zur Hälfte anzurechnen, wobei eine hälftige Anrechnung nur im Ausnahmefall greift, etwa wenn der Balkon aufgrund seiner Lage und Ausstattung im Vergleich zu „normalen“ Balkonen einen sehr hohen Wohnwert besitzt.