F.A.Z.-Rechteck vom 28. Juli 2023

Die heutigen Themen:

1.) Vergrößerung der Wohnfläche ist keine Modernisierung                                                   

2.) Wohnungseigentümer haftet für Verschulden des Mieters                                     

3.) Wo dürfen Stellplätze errichtet werden?                                    

4.) Keine unbegrenzte Ermächtigung des WEG-Verwalters                                

 

 

Vergrößerung der Wohnfläche ist keine Modernisierung                      

Die Vergrößerung der Wohnfläche einer Wohnung stellt keine Modernisierungsmaßnahme dar, die der Mieter zu dulden hat. Vielmehr handelt es sich um eine Änderung des Mietgegenstandes, die der Vermieter nur in Abstimmung mit dem Mieter oder nach Ende des Mietverhältnisses realisieren darf. Ein Vermieter wollte die vorhandenen Balkonbrüstungen an der vermieteten Wohnung demontieren und einen Wintergarten installieren, wodurch die Wohnfläche vergrößert würde. Nachdem der Mieter dies ablehnte, klagte der Vermieter auf Duldung der Maßnahmen – zu Unrecht. Die Maßnahmen seien derart weitreichend, dass sie zu einer grundlegenden Änderung der Mietsache und nicht nur zu einer Modernisierung führten, so das Gericht. Amtsgericht Göttingen, Beschluss vom 30. Januar 2023. Az. 26 C 93/21  

 

Wohnungseigentümer haftet für Verschulden des Mieters    

Ein Wohnungseigentümer, der seine Wohnung vermietet hat, haftet gegenüber der WEG für ein etwaiges Verschulden seines Mieters. Hier hatte der Mieter seinen Wohnungsschlüssel von außen steckengelassen, welcher Zugang zu mehreren Eingängen des Gebäudes ermöglichte. Der Schlüssel wurde daraufhin von Unbekannten entwendet, weshalb die WEG die Schließanlage austauschen ließ. Sie klagte gegen den Eigentümer auf Ersatz der Kosten und bekam Recht. Der Mieter habe den Schlüssel nicht ordnungsgemäß verwahrt und dadurch seine Pflichten fahrlässig verletzt. Dies müsse sich der Eigentümer wiederum zurechnen lassen, entschied das Gericht und sprach der WEG den Anspruch auf Schadensersatz zu. Oberlandesgericht Brandenburg, Urteil vom 27. April 2023. Az. 10 U 100/22   

Sergia Antipa, MM., Rechtsanwältin bei BETHGE, Hannover 

 

Wo dürfen Stellplätze errichtet werden?            

Stellplätze und Garagen sind grundsätzlich in allen Baugebieten zulässig. In reinen und allgemeinen Wohngebieten müssen sie jedoch dem Bedarf der dort zulässigen Nutzung dienen. Ein Wohnungseigentümer ging im Eilrechtsschutz gegen die Änderung einer Baugenehmigung vor, die eine Zufahrt mit 16 Stellplätzen für eine Kinderkrippe vorsah. Er berief sich auf unzumutbare Belastungen durch Lärm und Abgase und machte geltend, dass die Stellplätze nicht erforderlich seien – ohne Erfolg. Zwar ließ das Gericht offen, welches konkrete Baugebiet einschlägig sei. Die Stellplätze dienten jedenfalls nur dem Bedarf der Kinderkrippe, welche in jedem der möglichen Baugebiete zulässig sei. Es befand daher die Stellplätze für zulässig und wies den Antrag ab. Verwaltungsgericht München, Beschluss vom 23. Dezember 2022. Az. M 1 SN 22.5051 

 

Welche Kosten müssen WEG-Mitglieder tragen?   

Die Kosten der Verwaltung von Gemeinschaftseigentum muss grundsätzlich jedes WEG-Mitglied nach dem Verhältnis seiner Anteile tragen. Die WEG kann aber eine hiervon abweichende Kostenverteilung beschließen. Hier sah ein WEG-Beschluss vor, dass im Gemeinschaftseigentum stehende Fenster, Balkontüren, Rollläden und Eingangstüren auf Kosten derjenigen Eigentümer zu erhalten sind, zu dessen Sondereigentumseinheit diese Einrichtungen „zählen“. Das Gericht befand diesen Beschluss für wirksam, da er sich im Rahmen des Ermessens der WEG halte. Er entspreche dem naheliegenden Ansatz, dass diese Bauteile der Einwirkung durch einzelne Eigentümer in höherem Maße als sonstiges Gemeinschaftseigentum ausgesetzt sind. Landgericht Frankfurt a.M., Beschluss vom 31. Mai 2023. Az. 2-13 S 91/22 

Nils Flaßhoff, Rechtsanwalt bei BETHGE, Hannover 

  

 

F.A.Z.-Rechteck vom 21. Juli 2023

Die heutigen Themen:

1.) Wann entfällt Bestandsschutz?                                                 

2.) Modernisierungsmaßnahmen müssen beendet sein                                    

3.) Untermieter hat keinen Anspruch auf Wasserversorgung                                   

4.) Keine unbegrenzte Ermächtigung des WEG-Verwalters                                

 

 

Wann entfällt Bestandsschutz?                    

Ist für ein rechtswidriges Vorhaben eine Baugenehmigung erteilt worden, kann sich der Bauherr grundsätzlich auf Bestandsschutz berufen. Maßgeblich ist der konkrete Genehmigungsinhalt. Entspricht ein Gebäude infolge von Abrissarbeiten nicht mehr dem ursprünglich genehmigten Zustand, fällt der Bestandsschutz weg. Hier war die Erneuerung eines Dachstuhls genehmigt worden. Im Anschluss ließ der Bauherr jedoch zahlreiche Wände des Gebäudes abreißen. Die Bauaufsichtsbehörde untersagte ihm die Arbeiten – zu Recht. Weder seien diese von der neuen Genehmigung gedeckt, noch könne er sich auf Bestandsschutz berufen, so das Gericht. Denn infolge der Abrissarbeiten weiche das vorhandene Gebäude in der Bausubstanz zu sehr vom ursprünglich genehmigten Zustand ab. Oberverwaltungsgericht Niedersachsen, Beschluss vom 24. März 2023. Az. 1 ME 11/23 

 

Modernisierungsmaßnahmen müssen beendet sein   

Der Vermieter von Wohnraum kann eine Mieterhöhung aufgrund von Modernisierungsmaßnahmen erst dann wirksam erklären, wenn diese abgeschlossen sind. Ist dies noch nicht der Fall, ist die verfrüht abgegebene Erhöhungserklärung formell unwirksam. Ein Vermieter hatte die Mieterhöhung wegen Dämmungs- und Sanierungsarbeiten erklärt, obwohl diese noch nicht vollständig abgeschlossen waren. Auf die Klage des Mieters befand das Gericht die Mieterhöhung für unwirksam, da dem Vermieter die Gesamtkosten bei Abgabe der Erklärung noch nicht bekannt waren. Der Vermieter könne die Mieterhöhung auch nicht dadurch heilen, dass er wegen der späteren abgerechneten Kosten eine ergänzende Mieterhöhung erklärt. Landgericht Berlin, Beschluss vom 20. März 2023. Az. 64 S 116/22 

Sergia Antipa, MM., Rechtsanwältin bei BETHGE, Hannover 

 

Untermieter hat keinen Anspruch auf Wasserversorgung              

Ein Untermieter kann von dem Hauptvermieter der Mietwohnung keine Versorgung mit Wasser verlangen. Es bestehen weder vertragliche Beziehungen zum Hauptvermieter, noch ist die Wasserversorgung vom zivilrechtlich geschützten Besitz des Untermieters erfasst. Hier hatte ein Vermieter die Wasserversorgung seiner Mietwohnung eingestellt, die von einem Untermieter genutzt wurde. Dieser verlangte daraufhin erfolglos die Wiederaufnahme der Versorgung. Die Einstellung von Versorgungsleistungen beeinträchtige weder den Zugriff des Untermieters auf die Mietsache, noch schränke sie die sich aus dem bloßen Besitz ergebende Nutzungsmöglichkeit ein, entschied das Gericht und wies die Beschwerde des Untermieters zurück. Oberlandesgericht Brandenburg, Beschluss vom 16. Mai 2023. Az. 3 W 31/23   

 

Keine unbegrenzte Ermächtigung des WEG-Verwalters  

Die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) können die Rechte des Verwalters durch Beschluss erweitern. Ein Beschluss, durch den der Verwalter ermächtigt wird, Verträge mit unbeschränkter Summe und undefiniertem Gegenstand im Namen der WEG abzuschließen, ist jedoch unwirksam. Geklagt hatten mehrere Eigentümer gegen einen Beschluss der WEG, der dem Verwalter nach Abstimmung mit dem Beirat eine entsprechende Befugnis einräumte – mit Erfolg. Der Beschluss gehe zu weit, da er dem Grundsatz, wonach die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums primär der WEG obliegt, widerspreche, so das Gericht, das den Beschluss für unwirksam befand. Amtsgericht Charlottenburg, Urteil vom 12. Mai 2023. Az. 73 C 62/22   

Veronika Thormann, Rechtsanwältin bei BETHGE, Hannover 

  

 

F.A.Z.-Rechteck vom 14. Juli 2023

Die heutigen Themen:

1.) Wer ist für Brandschutz verantwortlich?                                                 

2.) Wann kann eine Vorkaufssatzung erlassen werden?                                   

3.) Mieterhöhung wegen neuer Rauchwarnmelder?                                 

4.) Rechtfertigen Nutzungsbeschränkungen die Minderung?                              

 

 

Wer ist für Brandschutz verantwortlich?                     

Eine Baugenehmigung kann mit der Auflage erteilt werden, dass eine Brandmeldeanlage im Gebäude betrieben werden muss. Für die Umsetzung ist der Bauherr verantwortlich und kann bei einem Verstoß von der Bauaufsichtsbehörde in Anspruch genommen werden. Einem Bauherrn waren Umbaumaßnahmen mit der Auflage genehmigt worden, dass eine Brandmeldeanlage betrieben werden müsse. Nachdem die vorhandene Anlage ausfiel, verpflichtete ihn die Behörde zur Instandsetzung. Ohne Erfolg berief sich der Bauherr darauf, dass stattdessen der Mieter des Gebäudes verpflichtet werden könne. Denn der Bauherr könne baurechtlich für die Durchführung von Brandschutzmaßnahmen in Anspruch genommen werden, die mietvertraglichen Regelungen sind dabei irrelevant. Oberverwaltungsgericht Saarland, Beschluss vom 15. Juni 2023. Az. 2 B 37/23 

 

Wann kann eine Vorkaufssatzung erlassen werden?  

Zur Begründung eines Vorkaufrechts kann eine Gemeinde eine Vorkaufssatzung für Gebiete erlassen, in denen sie städtebauliche Maßnahmen in Betracht zieht. Dabei muss sie zumindest eine ungefähre Vorstellung haben, in welchem Umfang voraussichtlich Flächen für die gewünschte Maßnahme benötigt werden. Hier hatte eine Gemeinde eine Vorkaufssatzung beschlossen und damit begründet, dass sie „städtebauliche Maßnahmen zur ortskulturellen Entwicklung“ beabsichtige. Dieser Hinweis sei jedoch zu vage und die Vorstellungen der Gemeinde nicht hinreichend konkretisiert, entschied das Gericht. Es befand die Satzung auf Antrag eines Eigentümers mehrerer betroffener Grundstücke für rechtswidrig und daher für unwirksam. Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24. Mai 2023. Az. 8 C 10471/22  

Nils Flaßhoff, Rechtsanwalt bei BETHGE, Hannover 

 

Mieterhöhung wegen neuer Rauchwarnmelder?            

Erneuert der Vermieter vorhandene Rauchwarnmelder durch neue, gleichwertige Geräte, stellt dies grundsätzlich keine Modernisierungsmaßnahme dar. Anders als im Fall der erstmaligen Ausstattung der Mietwohnung mit Warnmeldern ist der Vermieter daher nicht zur Mieterhöhung berechtigt. Hier hatte ein Vermieter eine Mieterhöhung auf den Austausch vorhandener Warnmelder gestützt und auf Zahlung der erhöhten Miete geklagt – zu Unrecht. Das Gericht befand die Mieterhöhung für unwirksam, da es sich nicht um Modernisierungsmaßnahmen handele. Der Vermieter sei selbst dann nicht zur Modernisierungsmieterhöhung berechtigt, wenn der bereits früher erfolgte erstmalige Einbau von Rauchwarnmeldern nicht zu einer Mieterhöhung geführt hatte, so das Gericht im Revisionsverfahren. Bundesgerichtshof, Urteil vom 24. Mai 2023. Az. VIII ZR 223/21 

 

Rechtfertigen Nutzungsbeschränkungen die Minderung? 

Ist die Nutzung von Gewerberäumen aufgrund öffentlich-rechtlicher Nutzungsbeschränkungen eingeschränkt, kann dies einen Mietmangel darstellen. Beruht die Beeinträchtigung auf Umständen, die sowohl der Vermieter als auch der Mieter zu vertreten hat, kann der Mieter eine Mietminderung in Höhe von 50% verlangen. Hier war dem Vermieter die Genehmigung von Umbaumaßnahmen zwecks gewerblicher Nutzung der Mieträume versagt worden. Die Behörde begründete dies mit Verstößen gegen Denkmalschutzrecht und zugleich mit der unzulässigen geplanten Nutzung der Räume. Da sich letztere nach dem Mieter richte, sei dieser für den Mangel mitverantwortlich und könne die Miete nicht um mehr als 50 % mindern, entschied das Gericht im Berufungsverfahren. Kammergericht Berlin, Urteil vom 16. März 2023. Az. 8 U 76/21 

Veronika Thormann, Rechtsanwältin bei BETHGE, Hannover 

  

 

F.A.Z.-Rechteck vom 07. Juli 2023

Die heutigen Themen:

1.) Wie können Eigentümer gegen WEG’s vorgehen?                                                

2.) Minderungsrecht kann beschränkt werden!                                   

3.) Nutzungsuntersagung rechtfertigt Kündigung                                

4.) Wer kann Veräußerung von Wohnungseigentum zustimmen?                              

 

 

Wie können Eigentümer gegen WEG’s vorgehen?                    

Ein Wohnungseigentümer kann ein Einschreiten der Bauaufsichtsbehörde gegen seine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG nur verlangen, soweit von einer bestimmten Nutzung des Sonder- oder Gemeinschaftseigentums Gefahren ausgehen. Im Einzelfall kann eine Verpflichtung zum behördlichen Einschreiten bestehen, wenn besonders wichtige Rechtsgüter gefährdet sind. Hier hatte ein Eigentümer die WEG zunächst zu Reparaturmaßnahmen aufgefordert, was diese ablehnte. Er verlangte daraufhin von der Bauaufsichtsbehörde, gegen die WEG vorzugehen – ohne Erfolg. Das Gericht verneinte eine Gefahr und entschied, dass die Behörde nicht zum bauaufsichtlichen Einschreiten verpflichtet sei. Vielmehr müsse der Eigentümer zivilrechtlich gegen die WEG vorgehen. Oberverwaltungsgericht Thüringen, Beschluss vom 11. Januar 2023. Az. 1 EO 348/22 

 

Minderungsrecht kann beschränkt werden!  

In einem Mietvertrag über Gewerberäume kann vereinbart werden, dass das Recht des Mieters zur Minderung wegen Mietmängeln beschränkt und der Mieter wegen der überzahlten Miete auf einen Rückzahlungsanspruch verwiesen wird. Der Mieter wird dadurch eine entsprechende Klausel nicht unangemessen benachteiligt. Zwischen den Parteien war ein Ausschluss des Minderungsrechts durch Allgemeine Geschäftsbedingungen vereinbart worden. Der Rückzahlungsanspruch sollte hiervon unberührt bleiben. Nachdem der Mieter Mietmängel gerügt hatte, zahlte er dennoch eine geminderte Miete. Der Vermieter klagte auf Zahlung der Mietrückstände und berief sich auf den vereinbarten Minderungsausschluss – zu Recht. Das Gericht befand die Klausel für wirksam und bejahte den Zahlungsanspruch des Vermieters. Oberlandesgericht Frankfurt a.M., Beschluss vom 15. Februar 2023. Az. 2 U 180/21 

Sergia Antipa, MM., Rechtsanwältin bei BETHGE, Hannover 

 

Nutzungsuntersagung rechtfertigt Kündigung           

Eine behördliche Beschränkung der Nutzung der Mietsache kann einen Mangel begründen, der den Mieter zur außerordentlichen Kündigung berechtigt. Dies gilt jedoch nur dann, wenn die behördliche Beschränkung auf der konkreten Beschaffenheit der Mietsache beruht und nicht durch persönliche oder betriebliche Umstände des Mieters verursacht wird. Hier war dem Vermieter durch die Bauaufsichtsbehörde die Nutzung der Mietsache untersagt worden, da diese gegen Brandschutzvorschriften verstieß. Der Mieter erklärte die Kündigung. Der Vermieter hielt diese für unwirksam und klagte auf Zahlung rückständiger Miete – zu Unrecht. Das Gericht entschied im Berufungsverfahren, dass die an die Mietsache selbst anknüpfende Nutzungsuntersagung einen Mangel darstellt. Die Kündigung sei daher gerechtfertigt. Oberlandesgericht Dresden, Beschluss vom 27. März 2023. Az. 5 U 2520/20 

 

Wer kann Veräußerung von Wohnungseigentum zustimmen?       

Will ein Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) sein Wohnungseigentum veräußern und die dafür erforderliche Zustimmung einholen, hat er gemäß dem Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz eine entsprechende Klage gegen die WEG insgesamt zu richten, nicht gegen die einzelnen Eigentümer. Dies gelte, so das Gericht, auch dann, wenn nach der Teilungserklärung die Zustimmung der anderen Eigentümer vorgesehen ist. Geklagt hatte ein Eigentümer gegen einen anderen Eigentümer, nachdem er diesen erfolglos zur Zustimmung aufgefordert hatte. Dieser sei jedoch nicht zustimmungsberechtigt, sondern nur die gesamte WEG, entschied das Gericht und wies die Klage im Berufungsverfahren zurück. Landgericht Frankfurt a.M., Urteil vom 15. Juni 2023. Az. 2-13 S 92/22    

Bettina Baumgarten, Rechtsanwältin bei BETHGE, Hannover