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F.A.Z.-Rechteck vom 16. Dezember 2022

Die heutigen Themen:

1.) Bei Vorkaufsrecht ist Ermessen auszuüben                         

2.) Folgen beiderseitiger Abstandsflächenverstöße?                  

3.) Wann liegt ein Verbraucherbauvertrag vor?               

4.) Eigenbedarfskündigung setzt Überlassungswillen voraus         

 

 

Bei Vorkaufsrecht ist Ermessen auszuüben        

In Gebieten, in denen die Gemeinde städtebauliche Maßnahmen in Betracht zieht, kann sie durch Satzung Flächen zur Ausübung eines Vorkaufsrechts bezeichnen. Die Ausübung dieses Vorkaufsrechts steht dabei in ihrem Ermessen. Intern kann der Gemeinderat für die Entscheidung zuständig sein und hat dann das Ermessen auszuüben. Hier hatte der Gemeinderat der beklagten Gemeinde die Ausübung des Vorkaufrechts beschlossen, ohne Kenntnis über die vom Erwerber bereits durchgeführten Renovierungsarbeiten zu haben. Dass der Gemeinderat dessen besonderes Erwerbsinteresse nicht berücksichtigt habe, begründe einen Ermessensfehler, so das Gericht, das den Bescheid der Gemeinde im Berufungsverfahren aufhob. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 20. Juli 2022. Az. 3 S 3915/21 

 

Folgen beiderseitiger Abstandsflächenverstöße? 

Die Vorschriften über Grenzabstände dienen zwar dem Nachbarschutz. Der Nachbar kann jedoch daran gehindert sein, einen Verstoß zu rügen, wenn er ebenfalls gegen diese Vorschriften verstoßen hat. Entscheidend ist hierfür, ob die Verletzungen einander entsprechen. Hier hatte sich der Antragsteller im vorläufigen Rechtsschutz gegen eine Baugenehmigung seines Nachbarn für Umbaumaßnahmen gewandt und sich auf die Verletzung von Grenzabständen berufen. Da das Gebäude auf seinem Grundstück aber in vergleichbarer Weise die Grenzabstände verletze, sei das nachbarschaftliche Gemeinschaftsverhältnis gestört, entschied das Gericht und wies den Antrag wegen der unzulässigen Rechtsausübung zurück. Oberverwaltungsgericht Niedersachsen, Beschluss vom 30. November 2022. Az. 1 ME 97/22 

Nils Flaßhoff, Rechtsanwalt bei BETHGE, Hannover 

 

Wann liegt ein Verbraucherbauvertrag vor?     

Die Vorschriften über Verbraucherbauverträge sind nur anwendbar, wenn der Bau „aus einer Hand erfolgt“, d.h. wenn der Auftragnehmer mit der Errichtung des gesamten Gebäudes oder erheblichen Umbaumaßnahmen insgesamt beauftragt wird. Es genügt nicht, dass nur Teile des Baus Auftragsgenstand sind. Hier klagte ein Auftraggeber auf Rückgewähr geleisteter Abschlagszahlungen, nachdem der Werkvertrag über Fassadenarbeiten vorzeitig beendet worden war. Bei diesem handele es sich indes nicht um einen Verbraucherbauvertrag, so das Gericht. Es verneinte daher einen Rückzahlungsanspruch aus Verbraucher-Bauvertragsrecht, sprach dem Kläger im Ergebnis aber einen Anspruch auf Rückzahlung nach freier Kündigung des geschlossenen Werkvertrages zu. Oberlandesgericht Brandenburg, Urteil vom 10. November 2022. Az. 12 U 69/22. 

 

Eigenbedarfskündigung setzt Überlassungswillen voraus    

Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt vor, wenn dieser die Wohnung für sich oder seine Familienangehörigen benötigt. Der Eigenbedarf muss von einem ernsthaften Überlassungswillen getragen werden. Ein Vermieter hatte auf Räumung geklagt und die Kündigung mit der Überlassung an seinen Sohn begründet. Die beklagten Mieter widersprachen der Kündigung und zweifelten u.a. seinen Überlassungswillen an – ohne Erfolg. Zwar könne es an diesem fehlen, wenn der Eigenbedarf nur vorgeschoben wird, um einen unliebsamen Mieter loszuwerden. Dies sei hier aber nicht der Fall, entschied das Gericht, das die Kündigung für wirksam befand und der Räumungsklage stattgab. Amtsgericht Frankfurt a.M., Urteil vom 25. Mai 2022. Az. 33 C 2877/21. 

Simone Engel, Rechtsanwältin bei BETHGE, Hannover 

  

 

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