Öffentliches Baurecht: Umweltprüfung bei Kleinflächen im Außenbereich erforderlich
Freiflächen außerhalb des Siedlungsbereichs einer Gemeinde dürfen von dieser nicht im beschleunigten Verfahren ohne Umweltprüfung überplant werden. Das hat das BVerwG mit Urteil vom 18.07.2023 im Fall eines Bebauungsplans entschieden, der im beschleunigten Verfahren aufgestellt worden war.
Der Fall
Darin hatte die Gemeinde für eine etwa 3 ha große Fläche im Außenbereich ein allgemeines Wohngebiet festgesetzt. Der B-Plan wurde im beschleunigten Verfahren aufgestellt, d.h. ohne eine entsprechende Umweltprüfung.
Anders als die Vorinstanz befand das Bundesverwaltungsgericht den B-Plan für unwirksam und gab dem Normenkontrollantrag statt. Die Vorschrift des § 13b Baugesetzbuch (BauGB), nach der im beschleunigten Verfahren keine Umweltprüfung erforderlich sei, verstoße gegen EU-Recht. Denn dieses sieht vor, dass eine Umweltprüfung für jede Planaufstellung durchzuführen sei, mit der erhebliche Umweltauswirkungen verbunden sind. Sieht das nationale Bauplanungsrecht wie hier vor, dass für bestimmte Arten von Plangebieten keine Umweltprüfung durchzuführen sei, muss gewährleistet sein, dass erhebliche Umweltauswirkungen von vornherein ausgeschlossen sind. Daran fehle es aber bei § 13b BauGB, weshalb die Vorschrift nicht anzuwenden sei. Vielmehr hätte die Gemeinde den B-Plan im Regelverfahren – also nach vorheriger Umweltprüfung – aufstellen müssen, so das Bundesverwaltungsgericht.
Die Entscheidung des Gerichts führt zunächst dazu, dass aufgrund des Vorrangs des Unionsrechts die Vorschrift des § 13b BauGB nicht angewendet werden darf. Welche Auswirkungen die Entscheidung für die Planungspraxis der Gemeinden hat, lässt sich noch nicht abschätzen. Es liegt nahe, dass bei der Planaufstellung im Außenbereich vielfach von der Option des beschleunigten Verfahrens Gebrauch gemacht wurde und wird. Jedenfalls laufende Planaufstellungsverfahren können nun nicht mehr im beschleunigten Verfahren durchgeführt werden. Für bereits aufgestellte Bebauungspläne wirft die Entscheidung eine Reihe neuer Fragen auf. Werden betroffene B-Pläne vor Gericht angegriffen, dürfte entscheidend sein, ob der Verfahrensfehler rechtzeitig gegenüber der Gemeinde gerügt wird. So können auch prinzipiell beachtliche Verfahrensfehler verfristen.
Für künftige Aufstellungsverfahren dürfte mit einer längeren Verfahrensdauer zu rechnen sein. Eine Nachbesserung durch den Gesetzgeber, die zugleich den Erfordernissen der Verfahrensbeschleunigung und den Anforderungen des Unionsrechts gerecht wird, wäre wünschenswert.
Autor: Nils Flaßhoff
Fundstelle: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 18. Juli 2023 – 4 CN 3.22, Pressemitteilung des Gerichts vom 18.07.2023
Pressemitteilung Nr. 59/2023 | Bundesverwaltungsgericht (bverwg.de)