Die heutigen Themen:
1.) Pflichten nach Austritt aus der WEG
2.) Welche Festsetzungen sind nachbarschützend?
3.) Wann ist eine Kündigung treuwidrig?
4.) Kündigung wegen Mischnutzung
Pflichten nach Austritt aus der WEG
Nach Ausscheiden aus einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) können den Wohnungseigentümer nachwirkende Treuepflichten treffen. Dazu gehört die Pflicht, der WEG den erfolgten Eigentümerwechsel anzuzeigen, sofern diese hiervon keine Kenntnis und ihn deshalb weiterhin zur Zahlung von Hausgeld aufgefordert hat. Eine Eigentümerin hatte ihr Wohnungseigentum veräußert. Da die WEG darüber nicht informiert wurde, stellte sie weiter erfolglos Hausgeld in Rechnung und beauftragte einen Rechtsanwalt mit der Beitreibung. Sie klagte auf Ersatz der Anwaltskosten – zu Recht. Das Gericht entschied, dass die Eigentümerin ihre Treuepflichten verletzt habe und die Kosten erstatten müsse. Unabhängig vom neuen Erwerber sei sie verpflichtet, den Wechsel zu melden. Amtsgericht Wiesbaden, Urteil vom 06. Februar 2023. Az. 91 C 1245/22
Welche Festsetzungen sind nachbarschützend?
Enthält ein Bebauungsplan Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche (z.B. Baugrenzen), sind diese in der Regel nicht nachbarschützend. Ein Nachbar kann sich daher nicht auf Verstöße berufen. Etwas anderes gilt nur, wenn aus der Begründung oder sonstigen Unterlagen zum Plan folgt, dass die Gemeinde Nachbarschutz explizit beabsichtigte. Hier wandte sich ein Nachbar im Eilrechtsschutz gegen eine Genehmigung für ein Mehrfamilienhaus. Er machte geltend, dass die darin enthaltenen Befreiungen von den Festsetzungen über die Grundstücksfläche rechtswidrig seien – ohne Erfolg. Da diese Festsetzungen nicht nachbarschützend seien, könne er sich nicht auf sie berufen, entschied das Gericht und wies seine Beschwerde zurück. Verwaltungsgerichtshof Bayern, Beschluss vom 26. April 2023. Az. 1 CS 22.2416
Nils Flaßhoff, Rechtsanwalt bei BETHGE, Hannover
Wann ist eine Kündigung treuwidrig?
Gerät ein Mieter von Gewerberäumen mit zwei aufeinander folgenden Mietzahlungen in Verzug, berechtigt dies den Vermieter grundsätzlich zur fristlosen Kündigung. Im Einzelfall kann die Kündigung jedoch treuwidrig sein, wenn der Mieter die Zahlungsrückstände unmittelbar nach der Kündigung ausgleicht. Hier hatte der Vermieter wegen Zahlungsverzugs gekündigt und auf Räumung geklagt – ohne Erfolg. Das Gericht befand die Kündigung für treuwidrig, da der Mieter unmittelbar danach die Rückstände beglichen hatte, die Miete zuvor stets ordnungsgemäß entrichtet habe und auch keine Anhaltspunkte für zukünftige Pflichtverletzungen bestünden. Der Vermieter könne sich daher nicht auf die Kündigung berufen, weshalb das Gericht die Klage abwies. Oberlandesgericht Brandenburg, Urteil vom 29. November 2022. Az. 3 U 93/2
Muss ein Wohnungseigentümer Videoaufnahmen dulden?
Ein Wohnungseigentümer kann gegen andere Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) grundsätzlich individuell geltend machen, dass diese Videoaufzeichnungen vor dem Eingangsbereich seiner Wohnung unterlassen. Denn es handelt sich hierbei um individuelle Abwehransprüche des Eigentümers und nicht um solche, die der WEG zur Ausübung übertragen sind. Mehrere Eigentümer hatten im Hausflur eine Überwachungsanlage installiert, die auch den Eingangsbereich des Klägers filmte. Dieser fühlte sich in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt und klagte auf Unterlassung. Ob der Anspruch im konkreten Fall bestand, ließ das Gericht im Beschwerdeverfahren noch offen. Anders als bei Ansprüchen aus dem Gemeinschaftseigentum sei aber der Kläger zur prozessualen Durchsetzung dieser Ansprüche berechtigt. Landgericht Frankfurt a.M., Beschluss vom 10. Mai 2023. Az. 2-13 T 33/23
Bettina Baumgarten, Rechtsanwältin bei BETHGE, Hannover