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F.A.Z.-Rechteck vom 08. Juli 2022

Die heutigen Themen:

1.) Wann darf Wohnungseigentum entzogen werden?

2.) Eigenbedarfsnutzung muss öffentlich-rechtlich zulässig sein.

3.) Erlischt Baugenehmigung trotz Vorkaufsrecht?

4.) Was setzt eine Veränderungssperre voraus?

 

Wann darf Wohnungseigentum entzogen werden?
Begeht ein Wohnungseigentümer eine derart schwere Pflichtverletzung, dass die Fortsetzung der Gemeinschaft nicht zumutbar ist, kann die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) von ihm die Veräußerung seines Wohnungseigentums verlangen. Im konkreten Fall hatte die WEG einen bestandskräftigen Beschluss gefasst, der die Eigentümer zur Duldung des Austauschs der Fenster in den Wohnungen verpflichtete. Der beklagte Eigentümer weigerte sich daraufhin hartnäckig, den Fensteraustausch zu ermöglichen. Darin liege eine schwere Pflichtverletzung, entschied das Landgericht und gab der WEG Recht. Aufgrund der fortgesetzten Verweigerungshaltung bleibe ihr als letztes Mittel nur noch die Entziehung des Wohnungseigentums. Landgericht Dortmund, Urteil vom 14. Januar 2022, Az. 17 S 69/21

Eigenbedarfsnutzung muss öffentlich-rechtlich zulässig sein
Will der Vermieter ein Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs beenden, muss er seinen Eigenbedarfswunsch auf vernünftige Gründe stützen. Dies setzt voraus, dass die beabsichtigte Nutzung nicht gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt. Die klagende Vermieterin hatte ihre Eigenbedarfskündigung darauf gestützt, dass sie die vermietete Wohnung mit der Nachbarwohnung zusammenlegen wollte. Hierfür war jedoch eine Baugenehmigung erforderlich, die weder eingeholt noch erteilt worden war. Die gewünschte Eigennutzung sei wegen dieses öffentlich-rechtlichen Hindernisses unberechtigt, befand das Gericht und wies die Klage der Vermieterin auf Räumung ab. LG Berlin, Urteil vom 26. April 2022, Az. 67 S 10/22

Veronika Thormann, Rechtsanwältin bei BETHGE, Hannover

Erlischt Baugenehmigung trotz Vorkaufsrecht?
Das Landesrecht kann vorsehen, dass eine Baugenehmigung nach Ablauf einer Frist erlischt, wenn das Vorhaben nicht durchgeführt wird. Das Erlöschen wird nicht dadurch gehemmt, dass die Gemeinde ein zivilrechtliches Vorkaufsrecht an dem Grundstück ausübt. Hier hatte die Gemeinde ein solches Vorkaufsrecht ausgeübt, bevor die Baugenehmigung des Antragstellers erloschen war. Dieser berief sich nun darauf, dass die inzwischen abgelaufene Frist durch den Rechtsstreit über das Vorkaufsrecht gehemmt wurde – zu Unrecht, entschied das Gericht. Zwar könne die Frist durch hoheitliche Eingriffe gehemmt werden. Doch das Vorkaufsrecht sei hier kein solcher Eingriff, sondern ein zivilrechtlicher Vorgang. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 31. Mai 2022, Az. 2 S 44/21

Was setzt eine Veränderungssperre voraus?
Hat eine Gemeinde einen Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst, kann sie zur Sicherung der Planung eine Veränderungssperre erlassen. Der Aufstellungsbeschluss muss ein Mindestmaß dessen erkennen lassen, was Gegenstand und Inhalt der Planung sein soll. Es genügt, wenn die Gemeinde Vorstellungen über die Art der baulichen Nutzung hat. Daran fehlte es hier: Die Gemeinde hatte lediglich angekündigt, einzelne landwirtschaftliche Anlagen – soweit zulässig und möglich – festzusetzen. Damit blieb offen, welche Art der baulichen Nutzung künftig festgesetzt werden soll. Dass die Veränderungssperre – wie hier – nur dazu dient, der Gemeinde mehr Zeit für die Planung selbst zu geben, sei unzulässig, so der Verwaltungsgerichtshof München, Urteil vom 4. März 2022, Az. 1 N 21.821.

Nils Flaßhoff, Rechtsanwalt bei BETHGE, Hannover

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