Die heutigen Themen:
1.) Rechtzeitige Schonfristzahlung mindert Verschulden
2.) Sonderumlage auch bei fehlerhafter Kostenverteilung wirksam
3.) Faktische oder aktive Duldung?
4.) Nur tatsächliche Modernisierung ist relevant!
Rechtzeitige Schonfristzahlung mindert Verschulden
Stützt der Vermieter von Wohnraum eine ordentliche Kündigung darauf, dass sich der Mieter im Zahlungsverzug befindet, setzt dies ein Verschulden des Mieters voraus. Begleicht der Mieter die Mietrückstände innerhalb der gesetzlichen Schonfrist von 2 Monaten nach Erhebung der Räumungsklage, mildert dies sein Verschulden. Treten noch weitere entlastende Umstände hinzu, kann dies zur Unwirksamkeit der Kündigung führen. Der auf Räumung klagende Vermieter hatte seine Kündigung auf den Zahlungsverzug des Mieters gestützt. Dieser hatte jedoch die Zahlungen nachträglich geleistet und sich zudem auf wirtschaftliche Engpässe berufen. Beides zusammen lasse das Verschulden entfallen, so das Gericht. Es verneinte den Räumungsanspruch des Klägers. Landgericht Gießen, Urteil vom 22. November 2022. Az. 1 S 81/22
Sonderumlage auch bei fehlerhafter Kostenverteilung wirksam
Ein Beschluss einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) über die Erhebung einer Sonderumlage ist nicht deshalb rechtswidrig, weil ein fehlerhafter Verteilungsschlüssel zugrunde gelegt wurde. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die einzelnen Kostenbeiträge nur geringfügig von einer richtigen Verteilung abweichen. Geklagt hatte ein Eigentümer gegen den Beschluss über eine Sonderumlage, der die Kosten im Verhältnis der Miteigentumsanteile der Eigentümer aufteilte. Er verlangte eine Aufteilung nach Wohnfläche – zu Unrecht. Der Beschluss über die Sonderumlage habe auch nur vorläufigen Charakter und die endgültige Kostenverteilung sei eine Frage der späteren Abrechnung, entschied das Gericht. Der Beschluss entspreche ordnungsgemäßer Verwaltung. Landgericht Berlin, Urteil vom 31. Januar 2023. Az. 55 S 28/22 WEG
Veronika Thormann, Rechtsanwältin bei BETHGE, Hannover
Faktische oder aktive Duldung?
Die faktische Duldung baurechtswidriger Zustände durch die Bauaufsichtsbehörde hindert diese nicht daran, später gegen die Anlage vorzugehen. Erst bei einer aktiven Duldung kann ein späteres Einschreiten ausgeschlossen sein, weil ein schutzwürdiges Vertrauen des Bauherrn besteht. Hier hatte die Behörde einen Grundstückseigentümer dazu verpflichtet, sämtliche Öffnungen in der Brandwand seines Gebäudes zu schließen. Er wandte sich im Eilrechtsschutz gegen die Verfügung und berief sich auf eine Duldung der Zustände – ohne Erfolg. Weder folge eine aktive Duldung aus einem behördeninternen Vermerk aus 2009 über die Brandwandöffnungen, noch sei die rein faktische Duldung relevant, so das Gericht. Es befand die Verfügung für rechtmäßig. Verwaltungsgerichtshof Hessen, Beschluss vom 15. Februar 2023. Az. 3 B 2259/21
Nur tatsächliche Modernisierung ist relevant!
Zu den wertbildenden Merkmalen einer Mietwohnung bei der Einordnung anhand eines qualifizierten Mietspiegels zählen frühere Modernisierungsmaßnahmen. Eine nur geplante Modernisierung, der der Mieter nicht zugestimmt hat, ist dagegen nicht zu berücksichtigen. Der klagende Vermieter führte zur Begründung einer Mieterhöhung an, dass der Mieter eine geplante Modernisierung des Bads zu Unrecht verweigert hatte. Diese hätte er jedoch im Wege einer Duldungsklage durchsetzen können, so das Gericht. Für die ortsübliche Vergleichsmiete komme es nur auf eine tatsächliche Veränderung der Wohnung an. Der Kläger könne sich auf die geplante Modernisierung nicht berufen und habe die Vergleichsmiete fehlerhaft bestimmt. Landgericht Berlin, Urteil vom 9. Dezember 2022. Az. 66 S 108/22
Frank U. Schuster, Rechtsanwalt bei BETHGE, Hannover