Die heutigen Themen:
1.) Müssen Kommanditisten über Vermögensveräußerung beschließen?
2.) Bauvertrag – Keine Kündigung per Mail!
3.) Wann ist die Nachfristsetzung hinfällig?
4.) Baugenehmigung bindet Gaststättenbehörde
Müssen Kommanditisten über Vermögensveräußerung beschließen?
Soll das Gesamtvermögen einer Aktiengesellschaft übertragen werden, ist ein Beschluss der Hauptversammlung erforderlich. Dies gilt jedoch nicht für Kommanditgesellschaften. Für die wirksame Vermögensveräußerung kommt es hier nicht zwingend auf einen Gesellschafterbeschluss an. Im konkreten Fall befand der Bundesgerichtshof (BGH) einen Kaufvertrag über das Vermögen einer Kommanditgesellschaft für wirksam, obwohl es an einem Gesellschafterbeschluss fehlte. Die Vorschriften für Aktiengesellschaften seien nicht auf die Kommanditgesellschaft übertragbar. Denn die Kommanditisten seien im Vergleich zu Aktionären weniger schutzbedürftig, so der BGH. Bundesgerichtshof, Urteil vom 15. Februar 2022. Az. II ZR 235/20.
Nils Flaßhoff, Rechtsanwalt bei BETHGE, Hannover
Bauvertrag – Keine Kündigung per Mail!
Will der Auftraggeber einen Bauvertrag kündigen, muss er die Kündigung schriftlich gegenüber dem Auftragnehmer erklären. Dies setzt voraus, dass er die Kündigungserklärung entweder eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet. Der beklagte Auftraggeber hatte seine Kündigungserklärung als PDF-Datei per E-Mail übermittelt. Für eine wirksame Kündigung reiche dies jedoch nicht aus, entschied das Oberlandesgericht. Da die Kündigung hier auch nicht entbehrlich gewesen sei, so das Gericht, gab es dem Kläger Recht und verurteilte den Auftraggeber zur Zahlung des verbleibenden Werklohns. Die Kündigung wäre nur dann entbehrlich gewesen, wenn der Auftragnehmer die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert hätte. Oberlandesgericht München, Beschluss vom 3. Februar 2022. Az. 28 U 3344/21 Bau
Bettina Baumgarten, Rechtsanwältin bei BETHGE, Hannover
Wann ist die Nachfristsetzung hinfällig?
Will der Auftraggeber von einem Werkvertrag wegen mangelhafter Leistung zurücktreten, muss er dem Unternehmer erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt haben. Der Nachfristsetzung bedarf es nicht, wenn der Unternehmer die Nacherfüllung verweigert hat oder diese bereits fehlgeschlagen ist. Hier hatten die Kläger den Rücktritt erklärt, ohne eine Frist gesetzt zu haben. Sie hatten jedoch zuvor Nacherfüllung verlangt. Bis zum Rücktritt unternahm der beklagte Unternehmer drei erfolglose Nacherfüllungsversuche. Bei drei gescheiterten Versuchen brauche der Kläger kein Vertrauen in weitere Versuche zu haben, so das Gericht. Die Kläger könnten daher zurücktreten und zudem Schadensersatz verlangen. Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 23. Februar 2021. Az. 12 U 540/19
Baugenehmigung bindet Gaststättenbehörde
Eine bestandskräftige Baugenehmigung, die die Zumutbarkeit des Lärms eines Vorhabens regelt, bindet die Behörde im gaststättenrechtlichen Erlaubnisverfahren. Wird in der Baugenehmigung festgestellt, dass die Lärmimmissionen zumutbar sind, so hat die Gaststättenbehörde diese Frage nicht mehr zu prüfen. Geklagt hatte ein Nachbar gegen eine gaststättenrechtliche Erlaubnis für einen Kiosk. Dieser war baurechtlich genehmigt worden. Soweit die Bauaufsichtsbehörde den Lärm für zumutbar befand, sei auch die Gaststättenbehörde daran gebunden, entschied das Gericht und wies die Klage ab. Dabei ließ es offen, ob dies auch für Baugenehmigungen gilt, die mit einer aufschiebenden Bedingung erteilt werden. Verwaltungsgerichtshof Bayern, Beschluss vom 28. Juli 2022. Az. 22 ZB 21.2655
Frank Schuster, Rechtsanwalt bei BETHGE, Hannover