F.A.Z.-Rechteck vom 13. Januar 2023

Die heutigen Themen:

1.) Gemeinde kann Kaufpreis nicht einseitig festlegen!                              

2.) Kein genereller Schutz vor Verschattung                       

3.) Keine Genehmigung ohne vollständige Bauvorlagen                 

4.) Änderungsgenehmigung oder Nachtrag?               

 

 

Gemeinde kann Kaufpreis nicht einseitig festlegen!            

Die Gemeinde kann ein ihr zustehendes Vorkaufsrecht an einem Grundstück durch Verwaltungsakt gegenüber dem Verkäufer ausüben. Dabei hat sie jedoch keine Befugnis, den Kaufpreis abweichend von den gesetzlich eingeräumten Möglichkeiten (etwa § 28 Abs. 2 BauGB im Falle einer Überschreitung des Verkehrswertes) einseitig festzulegen. Es gilt der vereinbarte Kaufpreis. Geklagt hatte der Verkäufer eines Grundstücks, nachdem die Gemeinde ihr Vorkaufsrecht an dem Grundstück ausgeübt hatte. Diese legte zugleich den Kaufpreis abweichend von dem Kaufvertrag fest – zu Unrecht. Der Gemeinde stehe keine weitergehende Gestaltungsmöglichkeit zu als nach den gesetzlichen Vorgaben, entschied das Gericht. Oberverwaltungsgericht Niedersachsen, Urteil vom 10. November 2022,. Az. 1 LB 2/22.

 

Kein genereller Schutz vor Verschattung      

Das Bauplanungsrecht vermittelt Nachbarn grundsätzlich keinen Anspruch, von jeglicher Verschattung verschont zu bleiben. Vielmehr sind Verringerungen des Lichteinfalls in dicht bebauten innerstädtischen Bereichen hinzunehmen. Dies gilt dann, wenn die gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsflächen eingehalten wurden. Hier hatte die Behörde eine Genehmigung für die Errichtung einer Außentreppe erteilt. Gegen diese klagte ein Nachbar, da das Vorhaben zu einer Verschattung seines Grundstücks führe – ohne Erfolg. Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebotes sei ausgeschlossen, da das Vorhaben die Vorschriften über Mindestabstände einhalte, so das Gericht. Es wies die Berufung zurück. Verwaltungsgerichtshof Bayern, Beschluss vom 05. Dezember 2022,. Az. 15 ZB 22.2118

Nils Flaßhoff, Rechtsanwalt bei BETHGE, Hannover 

 

Keine Genehmigung ohne vollständige Bauvorlagen  

Soll die Genehmigungsfähigkeit eines Bauvorhabens durch die Behörde geprüft werden, bedarf es eines vollständigen und fehlerfreien Bauantrags. Fehlt es an vollständigen oder richtigen Bauvorlagen, ist der Bauantrag mangelhaft und das Vorhaben nicht genehmigungsfähig. Dem Antragsteller war eine Baugenehmigung für ein Eventgelände versagt worden, weil u.a. der Bauantrag mangelhaft sei. Daraufhin erhob er Klage – ohne Erfolg. In den Bauvorlagen hatte er widersprüchliche Angaben zu Lärmschutzwänden gemacht. Mangels ordnungsgemäßen Bauantrags könne die Behörde das Vorhaben so nicht genehmigen. Es genüge nicht, dass der Antrag nur prüfbar sei, entschied das Gericht und wies die Berufung zurück. Verwaltungsgerichtshof Bayern, Beschluss vom 09. November 2022. Az. 15 ZB 22.2025.   

 

Änderungsgenehmigung oder Nachtrag?

Ändert die Behörde eine Baugenehmigung, ist zwischen Änderungsgenehmigungen und Genehmigungsnachträgen zu unterscheiden. Ein Nachtrag ergänzt die erteilte Genehmigung nur, ohne das Vorhaben in seinem Wesen zu verändern. Hier hatte die Behörde eine Stilllegungsverfügung gegen eine Pferdehaltung verhängt und sich dabei auf die Ursprungsgenehmigung gestützt. Diese war nachträglich geändert worden, was der Bauherr als Änderungsgenehmigung ansah – zu Unrecht. Es liege ein bloßer Nachtrag vor, der nicht isoliert, sondern gemeinsam mit der Ursprungsgenehmigung zu betrachten sei, so das Gericht. Es befand die Verfügung insgesamt für rechtmäßig und wies den Antrag des Bauherrn im vorläufigen Rechtsschutz ab. Oberverwaltungsgericht NRW, Beschluss vom 06. Dezember 2022. Az. 2 B 1052/22. 

Felix Semper, Rechtsanwalt bei BETHGE, Hannover  

  

 

F.A.Z.-Rechteck vom 06. Januar 2023

Die heutigen Themen:

1.) Kündigung kann nicht zurückgenommen werden                            

2.) WEG kann Rückbau vom Eigentümer verlangen                       

3.) Beweisverfahren hemmt die Verjährung nicht!               

4.) Auftragnehmer muss auf planabweichende Ausführung hinweisen               

 

 

Kündigung kann nicht zurückgenommen werden          

Hat ein Vermieter eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen, kann er diese nicht mehr einseitig zurücknehmen. Dies gilt selbst bei Zweifeln an der Wirksamkeit der Kündigung, wenn der Mieter ihr bereits zugestimmt hat. Geklagt hat ein Vermieter auf Zahlung von Mietforderungen, obwohl er bereits die außerordentliche Kündigung erklärt hatte. Dieser hatte der Mieter sofort zugestimmt. Daraufhin berief sich der Vermieter wiederum auf die Unwirksamkeit seiner Kündigung – ohne Erfolg. Zwar bestünden Zweifel am Vorliegen eines Kündigungsgrundes. Die Kündigung sei jedoch bedingungsfeindlich und könne nicht mehr einseitig zurückgenommen werden, so das Gericht, welches das Mietverhältnis für beendet erklärte. Amtsgericht Donaueschingen, Urteil vom 18. Juli 2022. Az. 2 C 30/22 

 

WEG kann Rückbau vom Eigentümer verlangen    

Nimmt ein Wohnungseigentümer eigenmächtig bauliche Veränderungen vor, durch die sein Sondereigentum abweichend von der Teilungserklärung vergrößert wird, beeinträchtigt dies die Rechte der übrigen Eigentümer. Die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) hat in diesem Fall einen Anspruch auf Beseitigung der Baumaßnahmen. Hier hatte der beklagte Eigentümer den im Gemeinschaftseigentum stehenden Spitzboden eigenmächtig ausgebaut und dadurch sein Sondereigentum vergrößert. Die WEG klagte auf Beseitigung und bekam Recht: Der Eigentümer habe unerlaubt gehandelt und sei zum Rückbau verpflichtet. Ob die Maßnahmen mangelfrei ausgeführt wurden und ob der Verwalter zuvor zugestimmt hatte, sei irrelevant. Landgericht Berlin, Urteil vom 7. Juli 2022. Az. 85 S 16/21 WEG 

Veronika Thormann, Rechtsanwältin bei BETHGE, Hannover 

 

Beweisverfahren hemmt die Verjährung nicht! 

Die Verjährungsfrist für Mängelansprüche wegen Bauüberwachungsfehlern des Architekten beträgt 5 Jahre und beginnt mit Abnahme der Architektenleistung. Leitet der Architekt ein selbstständiges Beweisverfahrens zur Aufklärung der Mangelfreiheit seiner Leistung und Abwehr der Mängelansprüche des Auftraggebers ein, wird dadurch die Verjährung der Mängelansprüche des Auftraggebers nicht gehemmt. Ein Auftraggeber klagte im Jahr 2018 gegen seinen Architekten auf Schadensersatz wegen Bauüberwachungsfehlern. Die Abnahme der Architektenleistungen erfolgte bereits 2011. Nach gescheiterten außergerichtlichen Verhandlungen leitete der Architekt ein selbstständiges Beweisverfahren ein. Da dies jedoch der Abwehr der Mängelansprüche diene, hemme es nicht die Verjährung der Mängelansprüche des Auftraggebers, so das Gericht. Oberlandesgericht Braunschweig, Beschluss vom 01.04.2022. Az. 8 U 96/20   

 

Auftragnehmer muss auf planabweichende Ausführung hinweisen

Die Abweichung der Leistung von der dem Bauvertrag zugrundeliegenden Planung begründet einen Mangel. In diesem Fall hat der Auftragnehmer den Auftraggeber spätestens mit der Mitteilung über die Fertigstellung darauf hinzuweisen. Vorliegend stellte der beklagte Auftragnehmer die Übergabeschächte für Regen- und Schmutzwasser vertauscht her. Anstatt spätestens mit der Schlussrechnung auf den veränderten Einbau hinzuweisen, schwieg der Auftragnehmer. Der veränderte Einbau war weder in der Planung vorgesehen noch nachträglich zwischen den Parteien vereinbart worden. Der Auftragnehmer machte daraufhin Ersatzvornahmekosten sowie Schadensersatz geltend und bekam Recht. Landgericht Bayreuth, Urteil vom 16.05.2022. Az. 31 O 616/21 

Philipp Wegner, Rechtsanwalt bei BETHGE, Hannover