F.A.Z.-Rechteck vom 26. August 2022

Die heutigen Themen:

1.) Baumaßnahmen müssen angekündigt werden!     

2.) Dürfen Kosten durch Beschluss auferlegt werden?   

3.) Architekt muss Baustoffe nicht prüfen  

4.) Treuwidrigkeit des Auftraggebers  

 

 

Baumaßnahmen müssen angekündigt werden!   

In einem Gewerbemietvertrag können die Parteien vereinbaren, dass Baumaßnahmen mindestens zwei Wochen vorher anzukündigen sind. Verstößt der Vermieter hiergegen mehrfach und kommt es dadurch zu Schäden beim Mieter, ist dieser zur fristlosen Kündigung berechtigt. Geklagt hatte der Mieter einer Ladenfläche, nachdem infolge von Bauarbeiten des Vermieters vor seinem Lokal ein Großteil seiner Ware verstaubte und entsorgt werden musste. Über die Arbeiten hatte der Vermieter nicht konkret informiert, obwohl der Mietvertrag dies vorsah. Darin liege eine Pflichtverletzung, die die Kündigung des Mieters rechtfertige, so das Gericht, das dem Kläger einen Anspruch auf Schadensersatz zusprach. Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 28. Juli 2022, Az. 22 U 151/20 

 

Dürfen Kosten durch Beschluss auferlegt werden? 

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ist nicht berechtigt, einen Mehrheitsbeschluss zu fassen, durch den Ansprüche gegen einen einzelnen Eigentümer erst begründet werden. Sie kann ihm nur solche Kosten auferlegen, für die auch ein gesetzlicher Anspruch besteht. Die beklagte WEG hatte einen Beschluss über die Sanierung zweier Balkone gefasst und die Kosten hälftig dem klagenden Eigentümer auferlegt. Dass die Sanierung notwendig sei, konnte die WEG jedoch nicht darlegen und durfte den Kläger daher nicht zur Kostenübernahme verpflichten, so das Gericht. Der Beschluss sei deshalb offenkundig nichtig und nicht nur anfechtbar. Amtsgericht Gladbeck, Urteil vom 29. April 2022, Az. 51 C 16/21 

Bettina Baumgarten, Rechtsanwältin bei BETHGE, Hannover

 

Architekt muss Baustoffe nicht prüfen

Die Planungstätigkeit eines Architekten umfasst die Auswahl der für die planende Maßnahme geeigneten Materialien. Dabei muss er nicht sämtliche Baustoffe durch ein Labor auf das Vorhandensein der vom Hersteller zugesicherten Angaben überprüfen lassen. Liegt ein Datenblatt des Herstellers vor, darf sich der Architekt auf dessen Angaben verlassen. Hier berief sich der Architekt auf ein Datenblatt, das die von ihm verwendeten Fliesen für eine Sauna – unzutreffend – als säurebeständig auswies. Der Kläger verlangte daraufhin Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung – teilweise ohne Erfolg. Denn wäre es die Pflicht des Architekten, alle Baustoffe zu überprüfen, wäre die Durchführung von Bauvorhaben praktisch unmöglich, so das Gericht. Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 20. September 2021, Az. 4 U 199/20 

 

Treuwidrigkeit des Auftraggebers

Der Auftragnehmer gerät mit seiner Leistung nicht in Verzug, wenn er einer Weisung des Auftraggebers nicht Folge leistet, die seine angemeldeten Bedenken treuwidrig nicht berücksichtigt. Im Rahmen einer Fassadenreinigung wies der Auftraggeber den Auftragnehmer an, ohne Freistellung von der Gewährleistung der von ihm vorgesehenen Art der Ausführung nachzukommen, obwohl diese zu erheblichen Mängeln oder Schäden geführt hätte. Der Auftragnehmer meldete daher Bedenken an und verweigerte die Leistung. Der Auftraggeber kündigte den Bauvertrag und forderte die Kosten der Ersatzvornahme. Ohne Erfolg. Der Auftragnehmer war nicht verpflichtet, die vom Auftraggeber vorgesehene schadensträchtige Ausführung zu erbringen und sich so einen ernstlich drohenden Gewährleistungsfall nicht absehbaren Ausmaßes aufzwingen zu lassen. Oberlandesgericht Dresden, Urteil vom 29. Juni 2022, Az. 22 U 1689/20 

Philipp Wegner, Rechtsanwalt bei BETHGE, Hannover

 

F.A.Z.-Rechteck vom 19. August 2022

Die heutigen Themen:

1.) Keine Untervermietung bei überhöhter Miete     

2.) Honorar trotz unvollständiger Leistung? 

3.) Wie ist die Mieterhöhung zu begründen?  

4.) Nutzung als Büro ist kein Eigenbedarf!  

 

 

Keine Untervermietung bei überhöhter Miete    

Ein Mieter kann vom Vermieter die Erlaubnis zur Überlassung eines Teils des Wohnraums an Dritte verlangen, wenn er ein berechtigtes Interesse hat. Verstößt der Untermietvertrag jedoch gegen Vorschriften über die zulässige Miethöhe, schließt dies das berechtigte Interesse aus. Denn dieses muss im Einklang mit der Rechtsordnung stehen. Geklagt hatte ein Mieter auf Ersatz seines Mietausfalls, nachdem der Vermieter die Erlaubnis zur Untervermietung verweigert hatte. Dieser berief sich darauf, dass der Untermietvertrag gegen die Berliner Mietenbegrenzungsverordnung verstieß – mit Erfolg. Ein berechtigtes Interesse an der Untervermietung sei damit ausgeschlossen, so das Gericht, das den Anspruch des Mieters verneinte. Landgericht Berlin, Urteil vom 26. April 2022. Az. 65 S 221/21 

 

Honorar trotz unvollständiger Leistung? 

Ist ein Bauvorhaben nicht unter der Regie des beauftragten Architekten fertiggestellt und endabgenommen worden, hat dieser die Leistungen nicht vollständig erbracht. Dennoch kann das vertraglich vereinbarte Honorar fällig werden, wenn beide Parteien zum Ausdruck bringen, dass eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht mehr gewünscht ist. In diesem Fall kann der Vertrag schlussabgerechnet werden. Hier verlangte der klagende Architekt Zahlung seines Honorars, nachdem er die Bauleistungen eingestellt und eine Schlussrechnung gestellt hatte. Diese müsse jedoch nachvollziehbar und prüffähig sein, woran es hier fehlte, entschied das Gericht und wies die Klage ab. Oberlandesgericht Oldenburg, Beschluss vom 26. Oktober 2021. Az. 12 U 120/18 

Frank Schuster, Rechtsanwalt bei BETHGE, Hannover

 

Wie ist die Mieterhöhung zu begründen?

Will der Vermieter die Miete bis zur ortsüblichen Miete erhöhen, muss er sein Mieterhöhungsverlangen begründen. Zur Begründung kann er das Gutachten eines Sachverständigen heranziehen. Dieses muss Angaben über Tatsachen enthalten, aus denen die Mieterhöhung hergeleitet wird und den Mieter in die Lage versetzen, der Berechtigung des Erhöhungsverlangens nachzugehen und dieses zu überprüfen. Im konkreten Fall hatte sich der klagende Vermieter auf ein Gutachten gestützt, das eine Spanne von 6,50 bis 11 Euro/qm für vergleichbare Objekte und eine ortsübliche Vergleichsmiete von 7,40 Euro ermittelte. Diese Einordnung erfolgte ohne weitere Erklärung. Dies erscheine beliebig und das Erhöhungsverlangen sei damit unwirksam, so das Gericht. Der Kläger könne die Zustimmung zur Mieterhöhung daher nicht verlangen. Landgericht Itzehoe, Urteil vom 1. Juni 2022. Az. 9 S 57/21 

 

Nutzung als Büro ist kein Eigenbedarf!

Für eine Kündigung wegen Eigenbedarfs genügt es nicht, dass der Vermieter die Wohnung ausschließlich zu beruflichen Zwecken selbst nutzen will. In einem solchen Fall kommt eine Verwertungskündigung in Betracht. Diese setzt voraus, dass der Vermieter bei Fortsetzung des Mietverhältnisses erhebliche Nachteile erleiden würde. Die klagende Vermieterin hatte ein Mieterverhältnis ordentlich gekündigt und dies damit begründet, dass sie die Wohnung künftig als Büro nutzen wolle. Das Gericht sah darin eine Verwertungskündigung, wies jedoch die Räumungsklage ab. Denn für die Nutzung als Büro fehle es an der erforderlichen Zweckentfremdungsgenehmigung, sodass die Kündigung unwirksam sei. Amtsgericht Stuttgart, Urteil vom 12. November 2021. Az. 34 C 1880/21 

Bettina Baumgarten, Rechtsanwältin bei BETHGE, Hannover