Gewerbliches Mietrecht: Präsenzapotheke muss präsent sein!
Vereinbaren die Parteien eines Gewerbemietvertrags für eine Präsenzapotheke eine Betriebspflicht, so hat der Apotheker diese als Präsenz- und nicht als Versandapotheke weiterzuführen. Im Fall stritten die Beteiligten darüber, ob der Mieter verpflichtet ist, den Apothekenbetrieb in den von ihm angemieteten Räumen weiter aufrechtzuerhalten. Dieser hatte die Öffnungszeiten seiner Apotheke stark reduziert und das pharmazeutische Personal abgebaut, um den Betrieb in eine Versandapotheke umzuwandeln und diese neben einer weiteren von ihm geführten Apotheke in der Nähe zu betreiben. Grund für die Umstellung seien Umsatzrückgänge sowie der Verlust von Stammkunden. Zu Unrecht! Das Gericht entschied, dass die im Mietvertrag vereinbarte Betriebspflicht hinsichtlich einer Präsenzapotheke mit Publikumsverkehr dem entgegensteht.
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Der Betreiber ist also verpflichtet, die Präsenzapotheke bis zum Ende der Vertragslaufzeit als solche zu betreiben. Der Mieter konnte sich hier insbesondere nicht darauf berufen, dass sich sein Geschäft als unwirtschaftlich herausstellt. Das Gericht schloss sich damit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an, der das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache einschließlich der Verluste allein dem Mieter zuschreibt, sofern davon nicht vertraglich abgewichen wurde.
Fundstelle: OLG Koblenz, Urteil vom 27.06.2019, 1 U 1471/18, IBRRS 2019, 2439
Wohnungseigentumsrecht: Jahresabrechnungen unwirksam – Rückforderung bereits geleisteter Zahlung zulässig!
Wird der Beschluss einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) über die Genehmigung der Jahresabrechnung rechtskräftig für ungültig erklärt, kann der einzelne Eigentümer die darauf bereits geleistete Zahlung zurückverlangen. Er kann diesen Anspruch auch sofort einklagen und muss nicht abwarten, dass sich die Eigentümerversammlung damit befasst, so das Gericht. Denn der WEG steht kein Ermessen zu, wenn der Anspruch besteht, sondern sie müsse zahlen.
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Die Rechtsprechung hat derartige Bereicherungsansprüche des Wohnungseigentümers bisher fast immer eingeschränkt. Die Gerichte begründeten dies mit dem Vorrang der Jahresabrechnung. Diese beinhalte eine Konkretisierung des Innenausgleichs innerhalb der Gemeinschaft. Ließe man einzelne direkte Bereicherungsansprüche zwischen den Eigentümern zu, würde der Innenausgleich maßgeblich gestört. Dies vermag aber nicht mehr zu überzeugen! Die rechtliche Selbstständigkeit der WEG ist inzwischen anerkannt. Der Bereicherungsanspruch richtet sich gegen den Verband, sodass der Vorrang eines Innenausgleichs nicht mehr besteht und der Bereicherungsanspruch unmittelbar geltend gemacht werden kann.
Fundstelle: LG München I, Urteil vom 26.06.2019, 1 S 2812/18 WEG, IBRRS 2019, 2234
Wohnungseigentumsrecht: Kein Kostenersatz für irrtümliche Instandsetzung
Tauscht ein Wohnungseigentümer die Fenster seiner Wohnung in der Annahme aus, dass er hierfür finanziell alleine aufkommen muss, hat er keinen Kostenersatzanspruch gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG); und zwar auch dann nicht, wenn sich herausstellt, dass die Fenster Gemeinschaftseigentum sind. In einem vom BGH entschiedenen Fall sind die Wohnungseigentümer davon ausgegangen, dass die Fenster zu ihrer Wohnung und nicht zum Gemeinschaftseigentum gehören und daher auch die Kosten der Erneuerung vom jeweiligen Eigentümer zu tragen sind. Fenster und Türen sind jedoch aufgrund ihrer Abschlussfunktion Gemeinschaftseigentum, sodass die Kosten anteilig zu tragen gewesen wären. Für die Kostentragung durch die Gemeinschaft hätte es aber eines Beschlusses bedurft.
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Nach den allgemeinen Regelungen des Zivilrechts bestünde ein Anspruch des Wohnungseigentümers gegen die WEG. Der BGH verneint diesen jedoch aufgrund des Vorrangs der besonderen Regelungen des Wohnungseigentumsgesetzes. Die anderen Wohnungseigentümer dürften nicht ohne Einfluss auf die Sanierung mit den Kosten konfrontiert werden. Der Schutz der Gemeinschaft vor unvorhergesehenen Ausgaben geht insofern vor.
Fundstelle: BGH, Urteil vom 14.06.2019, V ZR 254/17, IBRRS 2019, 2098
Wohnraummietrecht: Fristlose Kündigung neben ordentlicher Kündigung möglich!
Spricht der Vermieter neben einer fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses hilfsweise eine ordentliche Kündigung aus, so erklärt er damit, dass diese in allen Fällen wirken soll, in denen die fristlose Kündigung fehlschlägt. Entfällt die vorrangig gewollte fristlose Kündigung rückwirkend, weil etwa die Mietrückstände innerhalb der Schonfrist gezahlt wurden, bleibt eine hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung des Vermieters weiterhin wirksam. Hier hatte ein Vermieter geklagt, nachdem er dem Mieter wegen Zahlungsverzugs fristlos – hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt – gekündigt hatte. Die fristlose Kündigung war auch nicht aufgrund späterer Zahlungen unwirksam geworden, sodass es auf die ordentliche Kündigung nicht mehr ankam, entschied das Gericht und verpflichtete den Mieter zur Herausgabe der Wohnung.
Praxistipp
Eine zunächst wirksame fristlose Kündigung kann nachträglich unwirksam werden, wenn die gesamten Rückstände durch unverzügliche Aufrechnung oder Zahlung innerhalb der Schonfrist getilgt werden. Wurde hilfsweise ordentlich gekündigt, so beseitigt die Schonfristzahlung die ordentliche Kündigung nicht. Es empfiehlt sich daher stets, hilfsweise eine ordentliche Kündigung auszusprechen, sofern die endgültige Beendigung des Vertrags gewollt ist.