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Newsletter 2019/07

Ausgabe:2019/07
Sehr geehrte Damen und Herren, unser heutiger newsletter immobilienrecht informiert Sie über folgende Themen:

Investmentrecht: Bald Enteignungen in großem Stil?

Mit ihrer Forderung nach Enteignungen privater Wohnungsunternehmen sorgte die „Initiative Deutsche Wohnen & Co. enteignen!“ in Berlin jüngst für Diskussionen. Die Bürgerinitiative beabsichtigt, das Land Berlin durch ein Volksbegehren und einen anschließenden Volksentscheid zum Erlass eines Gesetzes zu verpflichten, das die Überführung von Wohnungseigentum privater Wohnungsgesellschaften in Gemeineigentum vorsieht. Die Schwelle, ab der private Wohnungsgesellschaften von einer Sozialisierung erfasst sein können, soll bei einem Umfang von 3.000 Wohnungen liegen. Damit würden nicht nur die Deutsche Wohnen, sondern auch die Vonovia, Ado Properties und ähnliche Unternehmen betroffen sein.

Kommentar

Soweit im Fall der Berliner Bürgerinitiative tausende Wohnungen in das Eigentum staatlicher Wohnungsgesellschaften überführt werden sollen, muss dies den Voraussetzungen des Art. 15 Grundgesetz genügen.

Die Rechtmäßigkeit solcher Eingriffe setzt ein Gesetz voraus, das die Einzelheiten der Vergesellschaftung, also die Überführung von Grund und Boden in Gemeineigentum, sowie Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. In welcher Höhe die privaten Wohnungseigentümer genau zu entschädigen wären, ist hoch umstritten. Anknüpfen könnte man an die Höhe des Verkehrswerts der Wohnungen. Einer Schätzung des Verbands Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen zufolge beträgt dieser für die betroffenen Wohnungen mindestens 25 Mrd. Euro. Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch bereits in anderer Sache entschieden, dass eine Entschädigung nicht zwingend das „volle Äquivalent für das Genommene” sein muss. Seitens der Bürgerinitiative wird daher ein Betrag zwischen 7,3 und 13,7 Mrd. Euro als Entschädigung auf Grundlage einer „leistbaren Miete“ ins Feld geführt.

Darüber hinaus müsste das Berliner Gesetz die übrigen verfassungsrechtlichen Vorgaben für Enteignungen wahren. Bereits unklar ist, ob die Enteignung tatsächlich erforderlich ist, um das zumindest legitime Ziel, für eine ausreichende Wohnungsversorgung zu sorgen, zu erreichen. Kurzfristig wird mit der Maßnahme schließlich kein neuer Wohnraum geschaffen, so dass das Angebot weiterhin hinter der Nachfrage nach Mietwohnungen zurückbliebe.

Ob es tatsächlich zu einer umfassenden Sozialisierung in Berlin kommt, bleibt abzuwarten. Hierfür müssten zunächst die erforderlichen Unterschriftenquoren erreicht werden (20.000 für den Antrag auf die Durchführung eines Volksbegehrens und 7 Prozent der Wahlberechtigten für das Volksbegehren). Erst dann könnte ein Volksentscheid über den Gesetzesentwurf durchgeführt werden. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller signalisierte bereits seine Ablehnung gegenüber den geplanten Sozialisierungen. Und auch innerhalb der an der Landesregierung beteiligten Fraktionen SPD und B90/Die Grünen ist keine einheitliche Position erkennbar.

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Gewerbliches Mietrecht: Mietvertragspartei – Firma oder Unterzeichner selbst?

Für die Frage, wer Vertragspartei ist, ist entscheidend, wer als Mieter im Mietvertrag aufgeführt ist und den Mietvertrag unterschrieben hat. Fraglich ist, wie sich der Stempelaufdruck einer Firma auf der Unterschriftenzeile auswirkt. Das befasste Gericht verdeutlichte, dass mitnichten angenommen werden muss, dass der Vertragschließende ausschließlich im Namen der Gesellschaft handelt, deren Stempel der Unterschrift beigefügt ist. Es urteilte, dass beide Unterzeichner trotz Firmenstempel und Aufführung derer Gesellschafterfunktion im Rubrum persönlich Mieter geworden seien, da sie auf der Unterschriftenzeile des Mietvertrages ohne Zusätze ihrer Funktion unterschrieben hatten.

Kommentar

Grundsätzlich ist durch Auslegung zu ermitteln, wer Vertragspartei geworden ist, wobei die Angaben im Vertragsrubrum vorrangig sind. Entscheidend ist, wer als Mieter aufgeführt wird und wer den Mietvertrag unterschrieben hat. Lautet es im Rubrum z.B. „Herr X, Prokurist und Gesellschafter der ABC GmbH – nachfolgende Mieter – “, dann spricht die Bezeichnung eindeutig dafür, dass der Genannte persönlich Mieter werden soll. Die Nennung seiner Funktion in der GmbH soll nur darauf hinweisen, dass die Räume für die GmbH genutzt werden sollen. Daran ändert sich nichts dadurch, dass der Unterschriftenzeile der Stempelaufdruck einer Firma beigefügt ist.

Autor: Frank U. Schuster – schuster@bethge-legal.com

Fundstelle: KG, Urteil vom 04.02.2019, 8 U 109/17, IBRRS 2019, 0529

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Gewerbliches Mietrecht: Zweiwöchiger Einwendungsausschluss bei Nebenkostenabrechnung wirksam?

In einem Gewerberaummietvertrag kann – zumindest individuell – vereinbart werden, dass Einwendungen des Mieters gegen Nebenkostenabrechnungen innerhalb einer Frist von zwei Wochen geltend gemacht werden müssen. Eine solche Frist stellt eine Ausschlussfrist dar.

Der Mieter von Apothekenräumen klagte auf Rückerstattung der Nebenkostenvorauszahlungen über drei Jahre, weil die Abrechnungen inhaltlich fehlerhaft waren. Das Gericht urteilte, dass bei einer formell ordnungsgemäßen Abrechnung nach Fristablauf keine Einwendungen mehr geltend gemacht werden können. Insbesondere bei Gewerberaummietverträgen wäre eine kurze Ausschlussfrist rechtlich unbedenklich.

Kommentar

In formeller Hinsicht muss die vom Vermieter zu erstellende Betriebskostenabrechnung ordnungsgemäß sein. Dies ist der Fall, wenn sie mindestens eine geordnete Aufstellung der Gesamtkosten, die Angabe und Erläuterung des Verteilungsmaßstabs, die Berechnung der Einzelkosten des Mieters sowie den Abzug der Vorauszahlungen enthält. Ist z. B. die Gesamtnutzfläche fehlerhaft berechnet, so betrifft dies lediglich die materielle Ebene der Abrechnung. Auf formeller Ebene bleibt sie weiterhin ordnungsgemäß.

Autor: Bettina Baumgarten – baumgarten@bethge-legal.com

Fundstelle: OLG Karlsruhe, Urteil vom 22.05.2018, 9 U 111/16, IBRRS 2018, 3974

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Werkvertragsrecht: Kosten für Mängeluntersuchung bei unberechtigter Mängelrüge erstattungsfähig?

Bei einer unberechtigten Mängelrüge kann sich eine Haftung des Bestellers für die Kosten der Mängeluntersuchung ergeben. So hat es das Landgericht Frankfurt am Main bezüglich einer LKW-Reparatur entschieden. Der Unternehmer hatte zum Zwecke der Fehlersuche das Getriebe aus- und wieder eingebaut. Die Arbeiten blieben ohne Erfolg und der Unternehmer verlangte vom Besteller Kostenersatz für den Arbeiten. Das Gericht ließ einen Wertersatz zu, weil die Herausgabe der Werkleistung ja nicht mehr möglich ist.

Kommentar

Es ist fraglich, ob diese Rechtsprechung die herrschende Meinung wiedergibt und auch auf Bauverträge anwendbar ist. Denn grundsätzlich hat der Unternehmer die Mängeluntersuchung und -beseitigung im Rahmen der Nachbesserung auf eigene Kosten durchzuführen. Der Besteller soll dadurch nicht von der Erhebung einer Mängelrüge abgehalten oder in der Ausübung seiner Mängelrechte eingeschränkt werden. Die herrschende Meinung lehnt daher auch die vorschnelle Annahme konkludenter Vertragsschlüsse zur Mängeluntersuchung ab.

Autor: Philipp Wegner – wegner@bethge-legal.com

Fundstelle: LG Frankfurt, Urteil vom 30.01.2019, 2-16 S 121/18, IBRRS 2019, 0655

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