Gewerbliches Mietrecht: Die „Nebenkosten“ sind vom Mieter zu tragen. Aber welche?
Trägt der Mieter gemäß dem Gewerberaummietvertrag „alle umlagefähigen Nebenkosten“ ohne nähere Bestimmung der einzelnen Kostenarten, so hat der Mieter die im Betriebskostenkatalog der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültigen Betriebskostenverordnung aufgeführten Positionen zu zahlen. Der Mieter eines Baumarktes begehrte vom Vermieter die Neuerstellung von Nebenkostenabrechnungen rückwirkend für mehrere Jahre, da die vertragliche Regelung seiner Ansicht nach unwirksam sei bzw. Positionen unberechtigt abgerechnet worden seien. Ohne Erfolg! Denn die Vereinbarung ist nach Ansicht des Gerichts auslegungsfähig und damit wirksam. Weiter sind die vorgelegten Abrechnungen formell korrekt und prüffähig, weshalb kein Anspruch auf Neuerstellung besteht. Dies gilt auch bei inhaltlichen Fehlern, solange der Mieter die zutreffende Umlage selbst errechnen kann.
Praxistipp
Auch wenn die Rechtsprechung es – wie hier – im Einzelfall ausreichen lässt, dass die Übertragung der Neben- bzw. Betriebskosten auf den Mieter im Mietvertrag pauschal geregelt ist, ist dennoch nach wie vor zu empfehlen, die Vereinbarung ausdrücklich und eindeutig zu formulieren und zwar unter Aufführung sämtlicher Kostenpositionen, die vom Mieter getragen werden sollen.
Ein Schiedsgutachten, das die Miethöhe verbindlich festlegen soll und Nutzflächen einbezieht, die nicht Gegenstand des Vertrags sind, ist offensichtlich unrichtig. Vorliegend hatten die Parteien vereinbart, dass die Miethöhe für die Räumlichkeiten eines Gastronomiebetriebs durch ein Gutachten festgelegt werden soll. Der Sachverständige hatte in seinem 1. Gutachten und in das auf Wunsch des Vermieters erstellte Nachtragsgutachten bei der Berechnung nicht nur die vermieteten Innenplätze, sondern auch Außenflächen zugrunde gelegt, die nicht Vertragsgegenstand waren. Aufgrund dieser fehlerhaften Begründung hielt das Landgericht Bremen die Gutachten für erkennbar unrichtig. Ob ein offenbar unrichtiges Gutachten für die Parteien bis zur Ersetzung durch ein gerichtliches Urteil bindend oder grundsätzlich nicht verbindlich ist, ließ das Gericht hier offen. Hierauf kam es im entschiedenen Fall nicht an.
Kommentar
Die Frage nach der Verbindlichkeit eines unrichtigen Gutachtens kann sich erheblich auswirken. Geht man mit der herrschenden Meinung davon aus, dass die Unverbindlichkeit gerichtlich geltend gemacht werden muss, so ist das Gutachten zunächst bis zur gerichtlichen Klärung verbindlich. Das vorliegend beauftragte Nachtragsgutachten war daher der falsche Weg. Folgt man der Gegenmeinung, so wäre aufgrund der offenbaren Unrichtigkeit keines der Gutachten verbindlich.
Fundstelle: LG Bremen, Urteil vom 16.10.2018, 1 O 26/18, BeckRS 2018, 26855
Bau- und Architektenrecht: Architekt haftet für Überzahlung
Ein vom Bauherrn mit der Vollarchitektur beauftragter Planer hat die Rechnungen der übrigen Baubeteiligten für seinen Auftraggeber gewissenhaft zu überprüfen. Im Zuge dessen hat er insbesondere auch mögliche Abzüge wegen verwirkter Vertragsstrafe kenntlich zu machen, damit der Bauherr den geminderten Betrag für die Schlusszahlung in Ansatz bringen kann. Auch hat er dafür Sorge zu tragen, dass sich der Bauherr die Vertragsstrafe etwa im Rahmen der förmlichen Abnahme vorbehält. Verletzt er diese Pflicht und war die Regelung zur Vertragsstrafe zwischen Bauherr und Bauunternehmen wirksam, so steht dem Bauherrn wegen Pflichtverletzung aus dem Architektenvertrag ein Schadensersatzanspruch in Höhe des überzahlten Betrags zu.
Kommentar
Die Rechtsprechung ist auch einschlägig bei fehlerhafter Prüfung von Abschlagsrechnungen. Der Planer macht sich ferner schadensersatzpflichtig, wenn er im Rahmen seiner Rechnungsprüfung beispielsweise die Massen, die Preise, die vereinbarten Nachlässe wie z.B. Umlage für Baustrom/-wasser und die Beibringung der vertraglich vereinbarten Sicherheiten nicht (richtig) prüft. Der Planer ist für den Rückforderungsprozess gut beraten, wenn er seine Zahlung an den Bauherrn von der Abtretung des Herausgabeanspruchs gegen den jeweiligen Baubeteiligten wegen Überzahlung Zug um Zug abhängig macht.
Fundstelle: KG, Urteil vom 20.08.2018, 21 U 24/16 (nicht rechtskräftig), IBR 2018, 636
Bau- und Architektenrecht: Dachkonstruktion ohne Detailpläne errichtet – Mitverschulden des Bauherrn?
Ist dem Bauherrn bekannt, dass eine in der Genehmigungsplanung vorgesehene Dachkonstruktion nicht durchführbar ist, trifft ihn ein Mitverschulden, sofern dadurch Baumängel auftreten. Im vorliegenden Fall war dem Bauherrn bekannt, dass die Dachkonstruktion in der Genehmigungsplanung nicht ausführbar war. Statt den Architekten zur Anfertigung einer neuen Planung aufzufordern, ließ er es zu, dass eine von den Plänen abweichende Dachkonstruktion ohne Detailplanung errichtet wurde. Das Oberlandesgericht München entschied, dass den Bauherrn in diesem Fall ein Mitverschulden treffe. Dieses Mitverschulden entfalle auch dann nicht, wenn der bauaufsichtführende Architekt und der ausführende Unternehmer nicht auf Vorlage einer Detailplanung vor Ausführung des Daches bestanden haben.
Kommentar
Es obliegt dem Bauherrn, dem bauaufsichtführenden Architekten und dem ausführenden Unternehmer, ordnungsgemäße Pläne als Grundlage für deren Leistung zur Verfügung zu stellen. Der Bauherr muss eine neue, durchführbare Planung für das Dach anfertigen lassen, wenn ihm bekannt ist, dass die in der Genehmigungsplanung vorgesehene Dachkonstruktion nicht ausführbar ist.