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Newsletter 2018/24

Ausgabe:2018/24
Sehr geehrte Damen und Herren, unser heutiger newsletter immobilienrecht informiert Sie über folgende Themen:

Grundstücksrecht: Gemeindeglocke schlägt weiter

Nachbarn eines freistehenden, offenen Glockenturms der Gemeinde müssen wochentags zweimal Glockengeläut dulden. Im konkreten Fall des Oberlandesgerichts Karlsruhe (OLG) schlägt die Gemeindeglocke wochentags um 11.00 und 19.00 Uhr für jeweils zweieinhalb Minuten. Es handelt sich also um ein relativ kurzes, immer wiederkehrendes Geräusch, auf das sich die Nachbarn einstellen können. Darüber hinaus läutet die Glocke zu Zeiten, in denen das Ruhebedürfnis der Nachbarn im Normalfall nicht gestört wird. Deshalb ist das Glockengeläut, so das OLG, in dieser konkreten Form zwar störend, aber nicht so wesentlich, dass die Gemeinde zu einer Verringerung der Geräuschentwicklung verpflichtet werden könne.

Kommentar

Hintergrund dieser Entscheidung ist, dass ein Grundstückseigentümer die von einem Nachbargrundstück ausgehenden Beeinträchtigungen (Immissionen) nur untersagen kann, wenn er durch diese wesentlich beeinträchtigt wird. Bei Geräuschen ist für die wertende Beurteilung die Dauer und Häufigkeit des Geräusches ausschlaggebend. Relevant sind dabei einerseits die Grenzwerte der TA Lärm (die in diesem Fall allerdings nicht überschritten wurden) und anderseits die besonderen Gegebenheiten des Einzelfalles.

Autor: Nils Flaßhoff – flasshoff@bethge-legal.com

Fundstelle: OLG Karlsruhe, Urteil vom 03.08.2018, 4 U 17/18, IBRRS 2018, 3033

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Gewerbliches Mietrecht: Keine Gestattung durch bloße Duldung

Auch wenn der Vermieter über eine langen Zeitraum duldet, dass Flächen vor einem Gewerbemietobjekt vom Mieter ohne vertragliche Regelung als Parkflächen genutzt werden, so muss der Mieter die Nutzung nach Widerruf durch den Vermieter unterlassen. Das Amtsgericht Frankfurt entschied, dass die langwährende Duldung der unentgeltlichen tatsächlichen Nutzung weder zu einer Einbeziehung in den Mietvertrag noch zur Annahme einer unwiderruflichen Gestattung führt. Der Mieter könne nicht davon ausgehen, dass die Duldung den Pflichtenkreis des Vermieters und Rechtskreis des Mieters dauerhaft erweitert.

Kommentar

Selbst eine langwährende Duldung der unentgeltlichen Nutzung durch den Vermieter führt weder zu einer Einbeziehung in den Mietvertrag noch zur Annahme einer unwiderruflichen Gestattung. Der Vermieter ist in diesem Fall jederzeit zum Widerruf der Nutzung berechtigt. Selbst wenn in der Duldung der unentgeltlichen Nutzung ein Leihvertrag gesehen werden würde, könnten die Flächen jederzeit nach § 604 Abs. 3 BGB zurückgefordert werden.

Autor: Frank U. Schuster – schuster@bethge-legal.com

Fundstelle: AG Frankfurt a.M., Urteil vom 21.07.2017, 33 C 767/17, IBRRS, 2018, 1893

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Bau- und Architektenrecht: Haustürgeschäft ohne Widerrufsbelehrung

Schließt ein Unternehmer mit einem Verbraucher einen Vertrag im Rahmen eines Haustürgeschäfts über die Errichtung eines Senkrechtslifts an der Außenfassade eines Hauses ab, muss er den Verbraucher über sein Widerrufsrecht belehren. Unterlässt er dies, kann der Unternehmer im Fall des Widerrufs keinen Wertersatz für bereits erbrachte (Planungs-)Leistungen verlangen.

Kommentar

Vertragsgegenständlich waren vorliegend unerhebliche Baumaßnahmen. Das Gericht kategorisiert diese als Werkleistungen, denn Schwerpunkt der unternehmerischen Tätigkeit bestand darin, eine den konkreten örtlichen Verhältnissen angepasste funktionstaugliche Liftanlage zu errichten. Vor der Baurechtsnovelle wurden, wie hier, Verbraucher nur für kleinere Bauverträge, sofern es sich um Außer-Geschäftsraumverträge oder Fernabsatzverträge handelt, durch das Widerrufsrecht geschützt. Unter Geltung des neuen Baurechts seit 2018 wird dieser Schutz erweitert. Umfasst sind nunmehr auch Bauverträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern, die den Bau eines Gebäudes oder erhebliche Baumaßnahmen zum Gegenstand haben. Das Widerrufsrecht besteht unabhängig von der Vertriebsform. Die Schließung dieser Schutzlücke des Verbrauchers ist sinnvoll, da mit größeren Verträgen regelmäßig ein größeres wirtschaftliches Risiko verbunden ist.

Autor: Frederik Ulbrich – ulbrich@bethge-legal.com

Fundstelle: BGH, Urteil vom 30.08.2018, VII ZR 243/17 – www.bundesgerichtshof.de

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Wohnraummietrecht: Räumungsfrist trotz fristloser Kündigung?

Auch bei einer wirksamen fristlosen Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses kann das Gericht eine Räumungsfrist von bis zu sieben Monaten gewähren. Auf diesem Weg erreichte eine Mieterin in Brandenburg eine Räumungsfrist von drei Monaten. Sie wurde zuvor wegen „regelwidrigen Verhaltens“ und „bestimmten Vorkommnissen“ vom Vermieter abgemahnt, bevor er ihr fristlos kündigte und in einem Teil-Anerkenntnisurteil die Herausgabe der Wohnung erreichte. Die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung stand zwar in Frage, das Gericht stellte jedoch fest, dass selbst bei wirksamer fristloser Kündigung und Anerkenntnis der Mieterin eine angemessene Räumungsfrist zu gewähren sei.

Kommentar

Das Gericht kann von Amts wegen eine angemessene Räumungsfrist bestimmen. Unter anderem ist dabei zu berücksichtigten, wie angespannt die Lage auf dem Wohnungsmarkt ist oder in welcher psychischen Verfassung der Räumungsschuldner sich befindet. Eine Räumungsfrist von Amts wegen muss vor allem dann in Betracht gezogen werden, wenn der ehemalige Mieter und Räumungsschuldner mit einer Räumungsanordnung ohne Räumungsfrist nicht zu rechnen brauchte. Ziel der Frist ist es, dem Räumungsschuldner zu ermöglichen, sich angemessenen Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen zu beschaffen zu können.

Autor: Bettina Baumgarten – baumgarten@bethge-legal.com

Fundstelle: AG Brandenburg, Urteil vom 10.09.2018, 31 C 34/18, IBRRS 2018, 2922

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