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Newsletter 2018/11

Ausgabe:2018/11
Sehr geehrte Damen und Herren, unser heutiger newsletter immobilienrecht informiert Sie über folgende Themen:

Grundstücksrecht: Über die Reichweite der Beurkundungspflicht

Der Bundesgerichtshof wird am 18.05.2018 über eine interessante Rechtsfrage verhandeln: Das OLG Stuttgart hatte sich in einem Urteil vom September letzten Jahres mit rechtlich überzeugenden Argumenten gegen die bisherige ständige Rechtsprechung des BGH gewandt, wonach Änderungen in Kauf- und Bauträgerverträgen nach Erklärung der Auflassung nicht beurkundungspflichtig sein sollen.

Im konkreten Fall wurde im Zeitraum zwischen Beurkundung des Kaufvertrages (mit Auflassungserklärung) und Eigentumsumschreibung klar, dass doch keine Dekontaminationsarbeiten durchgeführt werden mussten. Die Parteien vereinbarten daraufhin privatschriftlich eine Kaufpreisminderung. Über diese kam es zum Streit. Das OLG Stuttgart entschied, dass es sich um eine Änderung des Kaufvertrages handelt, die hätte beurkundet werden müssen. Hintergrund ist, dass die Beurkundungspflicht von Grundstückkaufverträgen sowohl den Erwerber, als auch den Veräußerer des Grundstücks schützt. Eine Änderung des Kaufvertrages (insbesondere die Änderung der wechselseitigen Leistungspflichten in die eine oder die andere Richtung) berührt die Parteien in ihren jeweils durch den Beurkundungszwang geschützten Interessen. Dieser Schutz vor übereiltem Erwerb zu unangemessenen Bedingungen einerseits und übereilter Veräußerung andererseits ist bis zur Eigentumsumschreibung relevant. Eine formlose Änderung wäre deshalb nicht mit dem Schutzzweck des Beurkundungszwanges vereinbar. Weil die Kaufpreisminderung nicht beurkundet wurde, muss der Käufer – so das OLG Stuttgart – den ursprünglich vereinbarten Kaufpreis zahlen.

Kommentar

In diesem Urteil wendet sich das OLG Stuttgart gegen die bisherige ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach Änderungen von Grundstückskaufverträgen nach Erklärung der Auflassung nicht beurkundet werden müssen. Die Argumente des OLG Stuttgart sind beachtlich und entsprechen der Tendenz des vermehrten Verbraucherschutzes im Grundstücksrecht (auch in der Rechtsprechung des BGH). Sollte sich der BGH in der Revision des hier thematisierten Urteils der Argumentation des OLG Stuttgart anschließen, hätte dies massive Auswirkungen auf die aktuelle Beurkundungspraxis. So wären insbesondere bei Bauträgerverträgen Änderungen der Leistungspflichten nach der ersten Beurkundung (Stichwort: Sonderwünsche des Käufers) – anders als bisher – zu beurkunden. Ein Verstoß gegen das Beurkundungserfordernis könnte dazu führen, dass der gesamte Kaufvertrag unwirksam wird.

Unser Notariat hat bereits einen gangbaren Weg für den Fall erarbeitet, dass der BGH seine jahrzehntelange Rechtsprechungspraxis ändern sollte. Zunächst ist jedoch die Entscheidung des BGH abzuwarten: Wir halten Sie dazu auf dem Laufenden.

Autor: André Bethge, LL.M. – a.bethge@bethge-legal.com

Fundstelle: BGH, V ZR 213/17; OLG Stuttgart, Urteil vom 26.09.2017, 10 U 140/16, BeckRS 2017, 139536

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Grundstücksrecht: Private Vermögensverwaltung oder gewerbliche Tätigkeit?

Wer mehrere Immobilien mit insgesamt 20 Wohneinheiten vermietet und verwaltet, handelt gewerblich und somit als Unternehmer. Im konkreten Fall wurden mindestens sieben der 20 Wohneinheiten jeweils nur kurzfristig für längstens zwei Monate am Stück vermietet. Zwar ist die Verwaltung eigenen Vermögens – und damit auch der Erwerb und die Vermietung von Immobilien – grundsätzlich keine gewerbliche Tätigkeit; allerdings ist bei einem erheblichen Umfang der mit der Verwaltung verbundenen Geschäfte von einer gewerblichen Tätigkeit auszugehen. Entscheidend ist dabei nicht die Höhe des verwalteten Vermögens, sondern die Komplexität und die Anzahl der verbundenen Verträge. Wird – wie im konkreten Fall – eine Vielzahl von zügig wechselnden Mietverträgen abgeschlossen, handelt es sich um eine gewerbliche Tätigkeit.

Kommentar

In diesem Urteil bestätigt der BGH seine bisherige Rechtsprechung, dass es bei der Abgrenzung von privater und gewerblicher, unternehmerischer Vermögensverwaltung nicht auf die Höhe des verwalteten Vermögens, sondern auf den Umfang der zur Verwaltung getätigten Geschäfte ankommt. Angesichts der erheblichen Konsequenzen sowohl im Bereich von Darlehen als auch in steuerlicher Hinsicht, ist diese Abgrenzung in der Praxis von erheblicher Bedeutung.

Autor: Nils Flaßhoff – flasshoff@bethge-legal.com

Fundstelle: BGH, Urteil vom 20.02.2018, XI ZR 445/17 – www.bundesgerichtshof.de

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Bau- und Architektenrecht: Fiktive Mängelbeseitigungskosten werden nicht ersetzt!

Auftraggeber von Bauunternehmen und Planern können ihren durch Mängel am Werk hervorgerufenen Schaden nicht mehr nach den fiktiven Kosten der Mängelbeseitigung berechnen, wenn der Mangel nicht beseitigt wird. Die Formel „Mangelbeseitigungskosten = Vermögensschaden“ hat damit in einem solchen Fall keine Gültigkeit mehr. Diese bisher anerkannte Methode der Schadensberechnung führe im Baurecht regelmäßig zur Überkompensation des Auftraggebers, so der Bundesgerichtshof. Wird der Mangel nicht beseitigt, kann der Schaden nur noch in Anlehnung an die Minderung oder in Höhe des mangelbedingten Mindererlöses berechnet werden.

Kommentar

Der Auftraggeber kann die prognostizierten Mängelbeseitigungskosten weiterhin über den zweck- und fristgebundenen Kostenvorschussanspruch verlangen. Ist die Mängelbeseitigung nicht gewünscht, führt aber auch dieser Weg nicht zum Erfolg. Denn verwendete Mittel sind abzurechnen und ein Überschuss ist zu erstatten. Auch die vorbenannten Möglichkeiten, den Schaden durch die Vermögensbilanz oder in Anlehnung an die Minderung zu bemessen, können im Einzelfall für den Auftraggeber unbefriedigend sein. Denn der Minderungsbetrag, dessen maximaler Wert sich an der Vergütung des Auftragnehmers orientiert, kann den mangelbedingten Nachteil ggf. nicht vollständig abdecken.

Autor: Frederik Ulbrich – ulbrich@bethge-legal.com

Fundstelle: BGH, Urteil vom 22.02.2018, VII ZR 46/17 – www.bundesgerichtshof.de

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Gewerbliches Mietrecht: Schriftform bei einseitig unterschriebenem Mietvertrag gewahrt

Der BGH hat entschieden, dass die erforderliche Schriftform eines langfristigen Mietvertrages selbst dann gewahrt ist, wenn die Mietparteien das jeweils nur für den Vertragspartner bestimmte Vertragsexemplar unterschreiben. Ein Mietvertrag muss nicht zwangsweise von beiden Parteien auf demselben Exemplar unterzeichnet sein, so der Senat. Das mietvertragliche Schriftformerfordernis dient in erster Linie dem Erwerberschutz. Dem kann auch durch zwei gleichlautende Urkunden, die in der Summe die erforderlichen Unterschriften tragen, Rechnung getragen werden. Dabei bedarf es eines Zugangs dieser Urkunden beim jeweiligen Vertragspartner nicht.

Kommentar

Grundsätzlich müssen Mietverträge mit einer Mietdauer von mehr als einem Jahr der gesetzlichen Schriftform genügen. Anderenfalls verlängert sich bei einem Schriftformverstoß der Mietvertrag auf unbestimmte Zeit mit der Folge, dass der Mietvertrag mit der gesetzlichen Frist ordentlich kündbar ist. Da auch sog. Schriftformheilungsklauseln nicht mehr wirksam vereinbart werden können, ist umso mehr auf die Einhaltung der Schriftform zu achten.

Autor: Simone Engel – engel@bethge-legal.com

Fundstelle: BGH, Urteil vom 07.03.2018, XII ZR 129/16 – www.bundesgerichtshof.de

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Gewerbliches Mietrecht: Mieter müssen gemeinsam kündigen

In einem Mietvertrag mit mehreren Mietern kann – als Allgemeine Geschäftsbedingung – nicht vereinbart werden, dass die Kündigung von einer Mietpartei für alle Mieter erklärt werden kann. Im konkreten Fall hatten zwei Geschäftsleute gemeinsam einen Mietvertrag über ein Restaurant und einen angrenzenden Kiosk abgeschlossen. Darin war eine Vertretungsregelung vorgesehen, die es einer Partei ermöglichen sollte, allein für beide zu kündigen. Das Kammergericht erklärte diese Regelung jedoch für unwirksam. Ein Mieter könne nicht unbeschränkt zu Kündigungen im Namen aller Mieter bevollmächtigt werden.

Kommentar

Sind mehrere Personen Mieter eines Objekts, sind sie gemeinsam durch den Mietvertrag verpflichtet und berechtigt. Deshalb können sie auch nur gemeinsam den Mietvertrag kündigen. Das Kammergericht Berlin hat mit diesem Urteil klargestellt, dass auch die Mieter voreinander geschützt werden müssen. Deshalb ist eine umfassende, unbeschränkte gegenseitige Bevollmächtigung der Mieter untereinander im Rahmen von allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam. Denn die Gefahr, dass Erklärungen zu Lasten und gegen den Willen des Vertretenen abgegeben werden könnten, ist zu groß, als dass eine solche umfassende Bevollmächtigung gerechtfertigt sein könnte.

Autor: Veronika Thormann – thormann@bethge-legal.com

Fundstelle: KG, Urteil vom 15.01.2018, 8 U 169/16, IBRRS 2018, 1429

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