F.A.Z.-Rechteck vom 26. Mai 2023

Die heutigen Themen:

1.) Kleinwindenergieanlagen sind privilegiert                                             

2.) Begründungsmittel für Mieterhöhungen                                

3.) Fälligkeitsvereinbarung bedarf der Schriftform                              

4.) Abstandsvorschriften schützen Nachbarn                            

 

 

Kleinwindenergieanlagen sind privilegiert                 

Kleinwindenergieanlagen (KWEA) können als privilegierte Bauvorhaben im unbeplanten Außenbereich zugelassen werden. Dies gilt unabhängig davon, ob der mit der Anlage erzeugte Strom zum Eigenbedarf verwendet wird. Hier begehrte der Bauherr einen Bauvorbescheid für mehrere KWEA, die den von ihm geplanten landwirtschaftlichen Betrieb versorgen sollten. Dies lehnte die Behörde ab und berief sich darauf, dass der Strom nicht in das öffentliche Stromnetz eingespeist werde – zu Unrecht. Das Gericht entschied, dass auch solche Anlagen, die der Deckung des Eigenbedarfs dienen, privilegiert seien. Es gab der Klage des Bauherrn teilweise statt und verpflichtete die Behörde zur Erteilung des Vorbescheids. Verwaltungsgericht Koblenz, Urteil vom 27. Februar 2023. Az. 1 K 604/22.KO  

 

Begründungsmittel für Mieterhöhungen

Zur Begründung einer Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete kann sich der Vermieter auf einen Grundstücksmarktbericht eines Gutachterausschusses stützen. Dieser gehört zwar nicht zu den im Gesetz genannten Begründungsmitteln. Die Mieterhöhung darf aber auch auf andere Weise begründet werden. Der Vermieter verlangte vom Mieter die Zustimmung zur Mieterhöhung. Er stützte sich dabei auf einen Grundstücksmarktbericht, aus dem er die ortsübliche Vergleichsmiete ableitete. Der Mieter weigerte sich und berief sich darauf, dass der Bericht kein qualifizierter Mietspiegel sei – ohne Erfolg. Das Gericht befand im Berufungsverfahren, dass der Bericht ein taugliches Begründungsmittel darstelle und der Vermieter sein Erhöhungsverlangen darauf stützen dürfe. Landgericht Bückeburg, Beschluss vom 13.Oktober 2022, Az. 1 S 5/22 

Frank U. Schuster, Rechtsanwalt bei BETHGE, Hannover   

 

Fälligkeitsvereinbarung bedarf der Schriftform      

Vereinbaren die Parteien eines befristeten Gewerbemietvertrags eine Verschiebung der Fälligkeit der Miete, handelt es sich um eine wesentliche Vertragsänderung, die der Schriftform bedarf. Fehlt es daran, gilt der gesamte Mietvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen und kann ordentlich gekündigt werden. Der Vermieter klagte auf Herausgabe der Mietsache, nachdem er das Mietverhältnis ordentlich gekündigt hatte. Zuvor hatten die Parteien eine Änderung der Fälligkeit der Mietzahlungen vereinbart, diese aber nicht schriftlich festgehalten. Das Gericht entschied, dass sich dieser Formmangel auf den Mietvertrag auswirkt und dieser daher als unbefristet geschlossen gelte. Es befand die Kündigung des Vermieters für wirksam und bejahte seinen Herausgabeanspruch. Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 24. Januar 2023. Az. 4 U 141/22  

 

Abstandsvorschriften schützen Nachbarn     

Die bauordnungsrechtlichen Vorschriften über Mindestabstände sind generell nachbarschützend. Dies gilt auch bei vorgesehenen umfassenden Abweichungsmöglichkeiten. Verletzt ein Vorhaben die Mindestabstände, kann der Nachbar dagegen vorgehen. Hier hatte ein Nachbar gegen eine Baugenehmigung für eine Balkonanlage geklagt, weil diese gegen die geltenden Abstandsvorschriften verstieß. Der Bauherr wandte im Berufungsverfahren ein, dass die Abstandsvorschriften wegen der gesetzlichen Abweichungsmöglichkeiten nicht dem Nachbarschutz dienten – ohne Erfolg. Auch wenn Abweichungen möglich seien, gehe es primär um die Wahrung eines ausreichenden Sozialabstands zum Nachbarn, so das Gericht, das die Berufung zurückwies. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. April 2023. Az. 10 N 56/20  

Veronika Thormann, Rechtsanwältin bei BETHGE, Hannover