F.A.Z.-Rechteck vom 03. März 2023

Die heutigen Themen:

1.) Rücksichtnahmegebot ist bei erdrückender Wirkung verletzt!                                     

2.) Wann ist eine Abweichung nicht geringfügig?                            

3.) Mieterhöhung bei modernisierender Instandsetzung                    

4.) Wann darf nach Veräußerung der Mietsache gekündigt werden?                   

 

 

Rücksichtnahmegebot ist bei erdrückender Wirkung verletzt!             

Will ein Nachbar gegen ein Bauvorhaben aufgrund seiner Ausmaße oder der massiven Gestaltung vorgehen, muss diese nachbarschützenden Vorschriften verletzen. Selbst wenn die Vorschriften über Abstandsflächen eingehalten werden, kann er sich trotzdem auf das baurechtliche Rücksichtnahmegebot berufen. Dieses ist verletzt, wenn das Vorhaben eine „erdrückende Wirkung“ hat und das Nachbargrundstück unangemessen benachteiligt wird. An einer solchen fehlte es aber hier, so das Gericht im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gegen eine Baugenehmigung für ein fünfstöckiges Wohnhaus. Mit Blick auf die Umgebungsbebauung sei das Gebäude weder aufgrund seiner Höhe noch aufgrund einer Verschattung rücksichtslos. Das Gericht wies die Beschwerde des Nachbarn ab. Verwaltungsgerichtshof Bayern, Beschluss vom 16. Januar 2023. Az. 1 CS 22.2399 

 

Wann ist eine Abweichung nicht geringfügig?      

Ein Bauvorhaben im Außenbereich kann u.a. unter der Voraussetzung zugelassen werden, dass ein Neubau eines zuvor rechtmäßig errichteten Gebäudes nur geringfügig gegenüber dem bisherigen Gebäude abweicht. Ein Bauherr hatte gegen eine behördliche Rückbauverfügung geklagt, nachdem ihm der Neubau eines Wohngebäudes genehmigt worden war. Der tatsächliche Neubau wich jedoch in seiner Grundfläche um ca. ein Fünftel vom Ursprungsgebäude und dem genehmigten Neubau ab. Dies sei keine geringfügige Abweichung mehr, weshalb das Gebäude baurechtswidrig. Das Gericht hält die Rückbauverfügung für rechtmäßig und wies die Klage ab. Oberverwaltungsgericht Niedersachsen, Beschluss vom 5. Januar 2023. Az. 1 LA 77/22 

Nils Flaßhoff, Rechtsanwalt bei BETHGE, Hannover 

 

Mieterhöhung bei modernisierender Instandsetzung 

Nimmt ein Vermieter bauliche Veränderungen vor, die sowohl der Modernisierung als auch der Instandsetzung dienen, sind die der Mieterhöhung zugrunde zu legenden Kosten um die gesparten Kosten für die sonst erforderliche Instandsetzung zu kürzen. Aus der Begründung der Mieterhöhung muss hervorgehen, in welchem Umfang Kosten für eine Instandsetzung gespart wurden. Hierfür genügt die Angabe einer Quote an den aufgewendeten Gesamtkosten. Geklagt hatte ein Mieter, nachdem der Vermieter die Miete erhöht hatte. Dieser hatte in der Begründung eine Quote der Instandsetzungskosten angegeben, ohne diese aufzuschlüsseln. Dies sei jedoch nicht erforderlich, so das Gericht, das die Mieterhöhung für wirksam befand und dem Vermieter Recht gab. Bundesgerichtshof, Urteil vom 25. Januar 2023. Az. VIII ZR 29/22 

 

Wann darf nach Veräußerung der Mietsache gekündigt werden?

Wird an einer Mietwohnung nach Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet und veräußert, tritt der Erwerber als Vermieter in das Mietverhältnis ein. Eine Eigenbedarfskündigung des Erwerbers ist dann mindestens für 3 Jahre ausgeschlossen. Diese Sperrfrist beginnt mit der erstmaligen Veräußerung der Mietsache zu laufen. Hier hatte ein Vermieter nach 2009 eine Wohnungseigentumswohnung erworben und 2020 die Kündigung erklärt. Zwischenzeitlich war jedoch die Wohnungseigentümergemeinschaft aufgehoben worden und später erneut Wohnungseigentum an der Mietsache begründet worden. Dadurch beginne die Sperrfrist wieder neu zu laufen, so das Gericht. Da diese 2020 noch nicht abgelaufen war, befand es die Kündigung auf die Berufung des Mieters für unwirksam. Landgericht Berlin, Urteil vom 26. Oktober 2022. Az. 66 S 249/21 

Frank U. Schuster, Rechtsanwalt bei BETHGE, Hannover