F.A.Z.-Rechteck vom 24. Februar 2023

Die heutigen Themen:

1.) Wann liegt ein Verbraucherbauvertrag vor?                                    

2.) Können Bauaufsichtsmaßnahmen verwirken?                             

3.) Fiktiver Schadensersatz im Mietrecht                   

4.) Schadensersatz bei verbotener Eigenmacht?                    

 

 

Wann liegt ein Verbraucherbauvertrag vor?            

Ein Verbraucherbauvertrag setzt voraus, dass der Werkunternehmer mit dem Bau eines vollständigen Gebäudes beauftragt wird. Unter den Begriff “Gebäude” fallen sowohl Wohngebäude als auch Bürogebäude. Beauftragt mit dem vollständigen Bau eines neuen Gebäudes ist ein Unternehmer dann, wenn er alle für das Gebäude wesentlichen Leistungen zu erbringen hat. Dies fehlt beispielsweise, wenn der Unternehmer weder mit der Abdichtung des Daches noch der Heizungs-, Elektro- und Sanitärarbeiten sowie dem Einbau der Fenster und Türen beauftragt ist. Fehlen diese Arbeiten wird, ein Gebäude nicht als im Wesentlichen fertiggestellt angesehen. Bei dem hier zugrunde liegenden Vertrag handelte es sich mangels wesentlicher Leistungen am Werk nicht um eine Beauftragung mit dem Bau eines vollständigen Gebäudes, sodass kein Verbrauchervertrag vorliegt, obwohl der Auftraggeber als Verbraucher tätig wurde. Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 12. Januar 2023. Az. 5 U 266/21 

 

Können Bauaufsichtsmaßnahmen verwirken?          

Eingriffsbefugnisse der Bauaufsichtsbehörden zur Herstellung baurechtmäßiger Zustände unterliegen auch bei längerer Untätigkeit der Behörden nicht der Verwirkung. Davon zu unterscheiden sind Ansprüche des Nachbarn auf ein Einschreiten der Bauaufsichtsbehörde. Diese können bei längerer Untätigkeit des Nachbarn verwirken, wie das Gericht im konkreten Fall klarstellte. Geklagt hatte 2021 ein Grundstückseigentümer auf Einschreiten der Bauaufsichtsbehörde gegen eine Garage seines Nachbarn, die 1991 genehmigt und 2005 erweitert worden war. Da der Kläger die Anlage über einen derart langen Zeitraum nicht beanstandet hatte, könne er nun kein bauaufsichtliches Einschreiten mehr verlangen, bestätigte das Gericht die Vorinstanz und wies die Berufung ab. Oberverwaltungsgericht Saarland, Beschluss vom 31. Januar 2023. Az. 2 A 15/23 

Sergia Antipa, MM., Rechtsanwältin bei BETHGE, Hannover  

 

Fiktiver Schadensersatz im Mietrecht

Verletzt der Mieter seine Obhutspflichten und entstehen dadurch Schäden an der Mietsache, kann der Vermieter Schadensersatz statt der Leistung verlangen. Dieser Anspruch kann auch auf die für die Instandsetzung der Mietsache erforderlichen, aber noch nicht aufgewendeten Kosten gerichtet sein. Hier hatte der Mieter bauliche Veränderungen an der Mietwohnung vorgenommen und dabei Schäden verursacht. Diese beseitigte er vor Rückgabe der Wohnung nicht. Der beklagte Vermieter verlangte Schadensersatz, nachdem er die Wohnung ohne Reparaturen veräußerte – mit Erfolg. Das Gericht entschied, dass auch die Kosten für eine fiktive Schadensbeseitigung geltend gemacht werden können. Landgericht Halle, Urteil vom 3. Februar 2023. Az. 1 S 91/21 

 

Schadensersatz bei verbotener Eigenmacht?

Verweist der Vermieter nach erfolgter Übergabe einen Mietinteressenten des Mietgrundstücks und verweigert ihm den Zugriff auf seine bereits eingebrachten Gegenstände, so begeht er verbotene Eigenmacht. Der Interessent kann in diesem Fall Schadensersatz verlangen. Dies gilt auch dann, wenn der Vermieter irrtümlich annimmt, er sei zu seinem Handeln berechtigt. Der beklagte Vermieter hatte dem Mietinteressenten nach Abbruch der Verhandlungen über einen Mietvertrag mit Kaufoption den Zutritt zum Grundstück verweigert – nach erfolgter Übergabe. Er berief sich auf Mietrückstände. Dazu sei er nicht berechtigt gewesen, so das Gericht. Es sprach dem Interessenten Schadensersatz wegen verbotener Eigenmacht zu. Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 21. Dezember 2022. Az. 11 U 119/21  

Bettina Baumgarten, Rechtsanwältin bei BETHGE, Hannover