Die heutigen Themen:
1.) Keine Vollziehung eines sittenwidrigen Grundstücksgeschäfts
2.) Wann darf eine Nutzung untersagt werden?
3.) WEG-Beschluss darf Urteil nicht widersprechen
4.) Vertragsstrafe ohne zeitliche Obergrenze
Keine Vollziehung eines sittenwidrigen Grundstücksgeschäfts
Schließen die Parteien einen Grundstückskaufvertrag zu einem Preis, den der tatsächliche Grundstückswert um das Vierfache übersteigt, ist der Vertrag sittenwidrig. Der Verkäufer kann dann die Vollziehung des Kaufvertrags verhindern und hierzu vom Käufer die Zustimmung durch einstweilige Verfügung erwirken. Im konkreten Fall befand das Gericht einen Kaufvertrag wegen des auffällig niedrigen Preises für sittenwidrig. Der Verkäufer beantragte eine einstweilige Verfügung, um die Vollziehung des Vertrages auszusetzen – mit Erfolg. Das Gericht bestätigte die Verfügung wegen der Eilbedürftigkeit der Sache. Da der Rechtsverlust für den Verkäufer bei Vollziehung irreversibel wäre, dürfe er nicht auf den normalen Klageweg verwiesen werden. Landgericht Lübeck, Urteil vom 07. Dezember 2022. Az. 3 O 234/22
Wann darf eine Nutzung untersagt werden?
Ist eine Nutzungsänderung eines Bauvorhabens nicht von einer bereits erteilten Baugenehmigung gedeckt, genügt dies regelmäßig für den Erlass einer Nutzungsuntersagung. Eine solche ist nur dann unverhältnismäßig, wenn die geplante Nutzung offensichtlich – d.h. ohne detaillierte Prüfung – genehmigt werden kann. Ein Bauherr wandte sich im vorläufigen Rechtsschutz gegen eine Nutzungsuntersagung, nachdem er das zuvor genehmigte Wohnhaus erweitert und als Büro genutzt hatte. Diese Nutzung sei aber weder ursprünglich genehmigt worden noch offensichtlich genehmigungsfähig, so das Gericht. Es befand die Nutzungsuntersagung nach einfacher Prüfung für rechtmäßig und wies den Antrag des Bauherrn ab. Verwaltungsgerichtshof Bayern, Beschluss vom 04. Januar 2023. Az. 1 CS 22.1971
Frank U. Schuster, Rechtsanwalt bei BETHGE, Hannover
WEG-Beschluss darf Urteil nicht widersprechen
Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer darf nur in Angelegenheiten Beschlüsse fassen, in denen dies durch Gesetz oder Vereinbarung vorgesehen ist. In anderen Fällen besteht keine Beschlusskompetenz, so dass ein dennoch gefasster Beschluss nichtig ist. Dies gilt auch für einen Beschluss, der einem rechtskräftigen Urteil widerspricht. Hier hatte ein Wohnungseigentümer ein rechtskräftiges Urteil erwirkt, das den benachbarten Eigentümer zum Rückbau einer baulichen Maßnahme verpflichtete. Daraufhin fasste die Gemeinschaft einen Beschluss, der die vorgenommene Maßnahme nachträglich genehmigte – zu Unrecht. Aufgrund des rechtskräftigen Urteils fehle es der Gemeinschaft an der Beschlusskompetenz, entschied das Gericht und erklärte den Beschluss für nichtig. Landgericht Saarbrücken, Urteil vom 02. Dezember 2022. Az. 5 S 3/22
Vertragsstrafe ohne zeitliche Obergrenze
In einem Mietvertrag über eine noch zu errichtende Gewerbeimmobilie kann für den Fall, dass der Vermieter mit der Übergabe der Mietsache in Verzug gerät, eine Vertragsstrafe vereinbart werden. Individuell ausgehandelt ist sie auch wirksam, wenn sie weder der Höhe nach begrenzt noch zeitlich befristet ist. So hatten die Parteien in ihrem Mietvertrag eine Vertragsstrafe von 4.500 Euro pro Tag vereinbart, ohne sie zeitlich zu begrenzen. Nach Verzugseintritt klagte der Mieter auf Zahlung der Strafe – mit Erfolg. Es sei zwar zu prüfen, ab wann die Fortzahlung der Strafe treuwidrig wäre. Dies verneinte das Gericht aber hier und sprach dem Mieter den Anspruch auf die Strafzahlung zu. Oberlandesgericht Bremen, Urteil vom 09. Dezember 2022. Az. 4 U 20/21
Veronika Thormann, Rechtsanwältin bei BETHGE, Hannover