F.A.Z.-Rechteck vom 11. November 2022

Die heutigen Themen:

1.) Zutrittsrecht des Vermieters                 

2.) Wann wird auf die Verjährung verzichtet?             

3.) Keine erdrückende Wirkung bei Einhaltung der Abstandsvorschriften         

4.) Genehmigung bewirkt Bestandsschutz     

 

 

Zutrittsrecht des Vermieters  

Den Vermieter von Wohnraum trifft die Pflicht, die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Daraus folgt zugleich ein Anspruch des Vermieters auf Zutrittsgewährung zur Mietsache. Für die Besichtigung müssen jedoch konkrete sachliche Gründe vorliegen, etwa zur Durchführung notwendiger Arbeiten. Hier hatte der Vermieter auf Zutrittsgewährung für einen Schornsteinfeger und Handwerker geklagt, nachdem der Mieter diesen verweigerte. In den notwendigen Wartungsarbeiten am Schornstein und an mehreren Rauchmeldern sah das Gericht hinreichende Gründe und gab dem Kläger Recht. Es sei auch keine besondere vertragliche Abrede erforderlich. Amtsgericht Düsseldorf, Urteil vom 26. Juli 2022, Az. 236 C 127/22. 

 

Wann wird auf die Verjährung verzichtet?      

Sind Mängelansprüche verjährt, kann im Prozess die Einrede der Verjährung erhoben werden. Dies gilt nicht, wenn vom Anspruchsgegner ein Verzicht auf die Einrede der Verjährung erklärt wurde. Für einen stillschweigenden Verzicht muss sich eindeutig aus dem Verhalten des Anspruchsgegners ergeben, dass er die günstige Rechtsposition aufgeben will. Daran wird es regelmäßig scheitern, wenn hierfür kein nachvollziehbares Motiv zu erkennen ist. Hier hatte der Besteller eines Werkvertrags Schadensersatzansprüche wegen Mängeln am Werk geltend gemacht. Der Beklagte berief sich auf die Einrede der Verjährung – mit Erfolg. Das Gericht verneinte einen stillschweigenden Verzicht auf die Einrede. Aus dem Schriftverkehr des Beklagten mit der Haftpflichtversicherung gehe kein nachvollziehbares Motiv für einen Verzicht hervor. Oberlandesgericht Bamberg, Beschluss vom 1. Dezember 2020, Az. 3 U 253/20. 

Simone Engel, Rechtsanwältin bei BETHGE, Hannover 

 

Keine erdrückende Wirkung bei Einhaltung der Abstandsvorschriften

Hält ein Bauvorhaben die Vorschriften über Mindestabstände ein, entfaltet es keine erdrückende Wirkung gegenüber benachbarten Wohngebäuden. Ein Nachbar kann sich dann nicht aus diesem Grund auf eine Verletzung des Rücksichtnahmegebotes berufen. Hier wandten sich Nachbarn im vorläufigen Rechtsschutz gegen eine Baugenehmigung für drei Mehrfamilienhäuser. Sie machten eine Verletzung des Rücksichtnahmegebotes aufgrund von Höhe und Volumen des Vorhabens und seiner „erdrückenden Wirkung“ geltend. Maßgeblich sei aber die Wahrung der Abstandsvorschriften, so das Gericht. Da diese in der Vorinstanz festgestellt wurde, sei eine Verletzung des Rücksichtnahmegebotes und damit der Rechte der Antragsteller ausgeschlossen. Verwaltungsgerichtshof Bayern, Beschluss vom 4. Oktober 2022. Az. 1 CS 22.1871 

 

Genehmigung bewirkt Bestandsschutz      

Ist eine Baugenehmigung wirksam erteilt worden, folgt daraus ein formeller Bestandsschutz für das genehmigte Vorhaben. Die Genehmigung enthält die Feststellung, dass dem Vorhaben keine Vorschriften des öffentlichen Baurechts entgegenstehen. Solange die Genehmigung nicht wirksam aufgehoben oder inhaltlich geändert wurde, können Nachbarn auch kein Einschreiten der Bauaufsichtsbehörde verlangen. Geklagt hatte ein Nachbar gegen die Bauaufsichtsbehörde, nachdem diese auf dem anliegenden Grundstück eine Wendeanlage genehmigt hatte. Er begehrte eine behördliche Beseitigungsverfügung gegen die Anlage – ohne Erfolg. Die Baugenehmigung sei bestandskräftig und entfalte Bestandschutz, entschied das Gericht. Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22. Februar 2022. Az. 2 L 110/20    

Felix Semper, Rechtsanwalt bei BETHGE, Hannover