F.A.Z.-Rechteck vom 12. August 2022

Die heutigen Themen:

1.) Baugenehmigung sperrt Unterlassungsanspruch!    

2.) Wann liegt ein Verbraucherbauvertrag vor? 

3.) Erst kündigen, dann handeln! 

4.) Grundstücksvermessung in der eigenen Wohnung?  

 

 

Baugenehmigung sperrt Unterlassungsanspruch!    

Verstößt ein Bauvorhaben gegen die im Bebauungsplan festgesetzte Gebietsart, kann dies einen zivilrechtlichen Unterlassungsanspruch des Nachbarn begründen. Der Anspruch ist jedoch ausgeschlossen, wenn das Vorhaben von einer bestandskräftigen Baugenehmigung gedeckt ist. Im konkreten Fall hatte ein Nachbar gegen die Nutzung einer Getreidehalle in einem allgemeinen Wohngebiet geklagt. Der Betreiber verfügte jedoch über eine bestandskräftige Baugenehmigung. Diese entfalte eine Legalisierungswirkung, sodass es an der erforderlichen Verletzung öffentlich-rechtlicher Vorschriften fehle, befand das Gericht und verneinte den Anspruch des Klägers. Dieser müsse vielmehr unmittelbar gegen die Baugenehmigung vorgehen. Bundesgerichtshof, Urteil vom 21. Januar 2022. Az. V ZR 76/20 

 

Wann liegt ein Verbraucherbauvertrag vor? 

Ein Verbraucherbauvertrag liegt auch dann vor, wenn der Bauherr beim Neubau eines Wohnhauses die Leistungen an einzelne Handwerker und nicht zentral an einen Bauunternehmer vergibt. Der Auftraggeber genießt in diesem Fall umfassenden Verbraucherschutz. Geklagt hatte ein Handwerker, nachdem die Bauherren die Zahlung des restlichen Werklohns verweigerten. Er verlangte die Stellung einer Bauhandwerkersicherung – ohne Erfolg. Das Gericht entschied, dass es sich um einen Verbraucherbauvertrag handele, für den die Vorschriften über die Bauhandwerkersicherung nicht gelten. Es mache für den Zweck des Verbraucherschutzes keinen Unterschied, ob ein Bauherr Leistungen gesamt oder an einzelne Handwerker vergibt. Oberlandesgericht Zweibrücken, Urteil vom 29. März 2022. Az. 5 U 52/21 

Felix Semper, Rechtsanwalt bei BETHGE, Hannover 

 

Erst kündigen, dann handeln!

Betraut der Auftraggeber einen Drittunternehmer mit der Fertigstellung eines Bauvorhabens, weil der Auftragnehmer die Leistung nicht erbringt, kann er Erstattung der Mehrkosten verlangen. Er muss den Bauvertrag jedoch zuvor zumindest konkludent kündigen. Dies gilt auch, wenn der Auftragnehmer die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert. Eine Bauherrin hatte geklagt, nachdem der Auftragnehmer unberechtigterweise den Bauvertrag gekündigt hatte. Sowohl die unwirksame Kündigung als auch die Erfüllungsverweigerung seien für die Kündigungspflicht unbeachtlich, so das Gericht. Es nahm hier eine konkludente Kündigung der Klägerin an und bejahte den Anspruch auf Ersatz der Mehrkosten für die Fertigstellung durch einen Drittunternehmer. Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 30.12.2020, Az. 10 U 202/20

 

Grundstücksvermessung in der eigenen Wohnung?

Sind Grundstücksvermessungen für einen Bauantrag notwendig, hat sie der Grundstückseigentümer des Nachbargrundstücks zu dulden. Der Kläger hatte seinen Nachbarn auf Duldung verklagt, da er sonst auf dem eigenen Grundstück nicht bauen konnte. Nach Ansicht des Gerichts hat der Nachbar die Vermessung auch zu dulden, wenn Vermessungspersonen kurzzeitig die Wohnung betreten müssen. Es liege im beidseitigen Interesse, durch die Vermessung der Grundstücksgrenze Klarheit über die Eigentumsverhältnisse zu schaffen. Würde die Vermessung verhindert, verliere der Kläger wesentliche Rechte aus dem Eigentum. Zugunsten des Beklagten wurde festgestellt, dass der Zugang zeitlich beschränkbar sei und vorab vereinbart werden muss. Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.05.2022, Az. V ZR 199/21. 

Nils Flaßhoff, Rechtsanwalt bei BETHGE, Hannover